Sie arbeiten zurzeit sieben Tage die Woche, fast rund um die Uhr. Warum?
Im Dezember hat der Panettone Hochsaison. Wir verdoppeln dann unsere Produktion von 500 Kilo Teig pro Tag auf eine Tonne. Das sind rund 2000 Stück pro Tag – alles in Handarbeit. Neben der Arbeit in der Bäckerei und einem Fabrikladen habe ich viele administrative Aufgaben, die meine volle Konzentration erfordern.
Können Sie nach Ladenschluss abschalten?
Nein. Es gibt bei uns keinen Ladenschluss.
Sie müssen doch auch einmal schlafen.
Im Moment komme ich nicht oft dazu. Ich arbeite jeden Tag mit viel Herzblut. Mein Problem ist, dass ich nicht Nein sagen kann.
Gesund ist das nicht.
Nein. Vor etwa zehn Jahren wollte ich mich zusätzlich in der Politik engagieren. Der Druck war derart hoch, dass ich plötzlich das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen. Die Diagnose lautete: leichtes bis mittelschweres Burnout. In den vergangenen 20 Jahren hatte ich viele gesundheitliche Probleme, etwa einen Leistenbruch und drei Nierenkoliken. Zum Glück wohne ich in der Nähe des Kantonsspitals. Ich wurde dort schon mit «Willkommen zu Hause» begrüsst.
Zwang Sie das Burnout zur Ruhe?
Nur bedingt. Ein stationärer Aufenthalt kam für mich nicht infrage. Ich machte eine ambulante Therapie, unterstützt durch Medikamente, und arbeitete reduziert weiter. Vier Monate später ging es mir wieder besser. Es waren meine Knie, die mich zu einer Pause zwangen.
War das eine Folge Ihrer Arbeit?
Ja. Ich hatte fast zehn Jahre lang Schmerzen und kämpfte mich durch, bis ich kaum mehr stehen konnte. Ich hatte vom langen Stehen eine schwere Arthrose. Der Chirurg ersetzte meine Kniegelenke durch Prothesen. Zwei Jahre lang ging ich in die Physiotherapie. Heute geht es mir gut.
Wie erholen Sie sich?
Viel Freizeit habe ich nicht. Aber meine Frau und ich leben am Bodensee. Am Wasser kann man sich wunderbar erholen.
Wie geht es nach so vielen Jahren als Bäcker Ihren Händen?
Heute wieder gut. Ich hatte einen Spickfinger und Arthrose am Daumengelenk. Die rechte Hand habe ich operieren lassen. Die Arbeit als Bäcker beansprucht den Körper stark. Doch das ist der Preis, wenn man erfolgreich sein will. Keine Berufskrankheit ist hingegen mein Altersdiabetes.
Heisst das, dass Sie Ihre Panettoni nicht selber probieren können?
Doch, das tue ich immer noch. Gegen Diabetes und den hohen Cholesterinspiegel nehme ich Medikamente. Ich esse so gesund wie möglich und häufig vegetarisch. Ein bisschen sündigen mit Panettone und Schokolade – das lasse ich mir nicht nehmen.
Zur Person
Pietro Cappelli kam als Kind von den Liparischen Inseln (I) in die Schweiz. Er wuchs bei Wil SG auf und machte eine Bäckerlehre. Seine Bäckerei befindet sich in St.Gallen. In der Region ist er als «Panettone-König» bekannt. Er wohnt am Bodensee.