Sie fahren sieben Mal am Tag die enge und steile Strasse nach Isenthal. Ist das für Sie Routine?
Nein, niemals. Routine ist eine der grössten Gefahren auf dieser Strasse.
Warum?
Ich weiss nie, was passiert. Die Strasse kann eisglatt sein – oder es hat Schneehaufen am Strassenrand, welche die Fahrbahn verengen. Zudem gibt es Ausflügler, die zu schnell hinter der Kurve auftauchen, weil sie die Strasse nicht kennen.
Was tun Sie denn gegen die Routine?
Ich versuche, die Gefahren richtig einzuschätzen und jederzeit präsent zu sein. Ich höre auch nicht Radio während der Fahrt.
Wie können Sie die Gefahren einschätzen?
Ich sitze schon ein paar Minuten vor der Abfahrt im Bus und informiere mich über die Strassenverhältnisse. So bereite ich mich vor. Zudem fahre ich im Geist die Strecke ab und stelle mir vor, was mich erwartet.
Was machen Sie, wenn es stark geschneit hat?
Ich stehe dann noch früher auf, um mit dem Auto rechtzeitig in Isenthal zu sein. Dort steht der Bus. Dann entscheide ich, ob ich die Schneeketten montiere oder nicht.
Und wenn tagsüber plötzlich viel Schnee fällt?
Dann muss ich die Ketten mitten in einem Kurs montieren. Das ist etwas stressig, ich möchte ja den Fahrplan so gut wie möglich einhalten.
Wie geht das vor sich?
Ich informiere die Fahrgäste, ziehe Jacke und Handschuhe an und krieche mit den Ketten unter den Bus. Das ist kalt, nass und unangenehm, und die Fahrt verzögert sich um etwa 15 Minuten. Wenn viel Schnee liegt, reichen die Ketten allein nicht mehr aus und der Schneepflug muss direkt vor dem Postauto fahren.
Hatten Sie auch schon Angst?
Nein. Aber man sollte die Strecke nicht unterschätzen. Kürzlich konnte ich nicht mehr bis zur Endstation fahren, weil innert kurzer Zeit sehr viel Schnee gefallen war. Jederzeit hätte eine Lawine die Strasse verschütten können. Ich musste die Passagiere schon vor der gewünschten Haltestelle aussteigen lassen.
Wie anstrengend ist es für Sie, diese Strecke zu fahren?
Es ist mental sehr anstrengend, denn ich muss während der ganzen Fahrt zu 150 Prozent konzentriert sein.
Ihre Schicht dauert von 6.30 bis 19 Uhr. Wie schaffen Sie es, ständig konzentriert zu sein?
Ich arbeite ja nicht zwölf Stunden durch, sondern habe täglich zwei lange Pausen. Da tanke ich Kraft. Ich gehe heim und entspanne mich, lege mich hin und höre Musik. Ausserdem esse und trinke ich etwas. Danach bin ich wieder fit für die nächsten Stunden am Steuer.
Sie sitzen acht Stunden im Bus – hatten Sie deswegen auch schon Beschwerden?
Ja, ich habe ab und zu einen steifen Nacken wegen der Klimaanlage oder wegen geöffneter Wagentüren. Dann mache ich in der Pause zwischen den Kursen draussen ein paar Lockerungsübungen. Das hilft.
Zur Person
Peter Bürgi
Peter Bürgi (60) fährt Car und Bus. Während 25 Jahren machte er Pässefahrten mit dem Car. Seit drei Jahren fährt er Postauto auf der Route Altdorf - Isenthal im Kanton Uri. Er ist geschieden, hat drei erwachsene Kinder, zwei Enkel und lebt mit seiner Partnerin in Altdorf.