Die Zürcherin Letizia Rampinelli (69) war im Beruf stark engagiert. Lange war sie Bereichsleiterin einer Parfümeriekette, später führte sie noble Möbelgeschäfte. Als sie an einem Nachmittag im Laden arbeitete, fühlte sie sich plötzlich unwohl und hatte kalte Schweissausbrüche. Trotzdem ging sie wie üblich nach Ladenschluss heim, ass mit ihrem Mann zu Abend und ruhte sich etwas aus. Danach ging es besser – bis am nächsten Morgen unerträglich starke Schmerzen in der Brust einsetzten. Die Ambulanz brachte sie ins Spital.
Dort zeigte ein Bluttest: Es war ein Herzinfarkt. «Diese Diagnose war ein richtiger Schock für mich», erinnert sich Letizia Rampinelli. In einer Notoperation setzten die Ärzte einen Stent ein – ein kleines Röhrchen, das die Gefässe am Herz offen hält. Seither macht sie dreimal pro Woche Kraft- und Ausdauertraining, geht viel spazieren und isst gesund. «Heute geht es mir blendend», sagt sie. «Aber bei Schmerzen bin ich aufmerksamer als früher.»
Anderen Frauen ergeht es ähnlich wie Letizia Rampinelli. Das Problem: Die Warnhinweise für einen Infarkt sind bei ihnen oft nicht so eindeutig wie bei Männern. Diese spüren in der Regel starke Schmerzen in der linken Brust und Atemnot. Bei Frauen können diese Warnzeichen auch ausbleiben. Ihnen wird zum Beispiel übel, sie werden kurzatmig oder bekommen Magenweh. Manchmal äussert sich der Infarkt auch durch Rücken- oder Kieferschmerzen (siehe Kasten).
Die Herzspezialistin Belinda Nazan Walpoth leitet an der Uniklinik für Kardiologie in Bern die einzige Spezialsprechstunde «Frau und Herz» der Schweiz. Sie sagt: «Frauen werden im Durchschnitt 45 Minuten später ins Spital eingeliefert als Männer, weil sie bei diesen Symptomen nicht sofort an einen Herzinfarkt denken.» Das hätten Studien für die Schweiz gezeigt.
«Beschwerden ernst nehmen»
Die Verzögerung kann fatale Folgen haben. Walpoth: «Bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute.» Denn je schneller ein Infarkt im Spital behandelt wird, desto grösser ist die Chance zu überleben. Und auch Schäden am Herz, die durch die gestörte Durchblutung entstehen, kann man so möglichst gering halten. Die Herzspezialistin betont deshalb: «Frauen müssen ihre Beschwerden ernst nehmen.»
Laut Walpoth sind die Risikofaktoren für Männer und Frauen zwar die gleichen, wirken sich aber unterschiedlich stark aus. Beispiel Diabetes: Untersuchungen haben gezeigt, dass ein hoher Blutzuckerspiegel die Herzgefässe stärker angreift als bei Männern. Ebenso verhält es sich mit Rauchen, Stress und Depressionen.
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So erkennen Sie einen Herzinfarkt
Typische Anzeichen
- Plötzliche Schmerzen in der Brust, die in Arme, Schultern und Hals ausstrahlen können
- Druck- oder Engegefühl in der Brust
- Kurzatmigkeit oder Atemnot
Untypische Anzeichen
- Schmerzen im Oberbauch
- Übelkeit oder Erbrechen
- Rücken- oder Nackenschmerzen
- Kiefer- und Halsschmerzen
- Schweissausbruch
- Schwächegefühl
- Blässe
- Rufen Sie den Notarzt, Notfallnummer 144.