Armin Schwarz (Name geändert) aus Seon AG kaufte in einem Hofladen für Fr. 1.80 einen Kopfsalat. Das Prachtstück wog 790 Gramm. Der Hofladenbesitzer beklagte sich: Er könne der Migros den Salat nicht verkaufen, da er zu schwer sei.
Tatsächlich haben der Verband des Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels, der Verband der Gemüseproduzenten und der Obstverband strenge Richtlinien erlassen. So gilt etwa: «Die Kalibrierung innerhalb eines Packstücks muss so homogen sein, dass der gute Gesamteindruck nicht beeinträchtigt wird.»
Mit anderen Worten: Ein speziell grosser Kopfsalat landet im Abfall, damit er das einheitliche Bild der Kopfsalate im Laden nicht stört.
Bei anderen Lebensmitteln gehen die Normen noch weiter:
Brüsseler darf nur 11 bis 19 Zentimeter lang sein und muss einen Durchmesser von mindestens 3 Zentimetern aufweisen.
Karotten dürfen maximal 24 Zentimeter lang sein. Ausser wenn sie mehr als 200 Gramm wiegen.
Salatgurken müssen «gerade gewachsen» sein. Sie dürfen – jetzt wirds kompliziert! – eine «maximale Krümmung von 10 mm auf 10 cm Länge» aufweisen.
Die Normen für Äpfel füllen ganze 19 Seiten. Geregelt ist bei jeder Sorte, wie viel «rot verwaschene oder rot gestreifte Färbung» vorhanden sein muss oder darf. Hingegen kommt das Wort «Geschmack» in den Branchenvorschriften nur ein einziges Mal vor. Und dabei gehts nicht einmal um den eigentlichen Geschmack der Äpfel – sondern darum, dass sie «frei von fremdem Geschmack» sein müssen.
Coop wollte zu den Fragen des K-Tipp nicht Stellung nehmen. Die Migros sagt, beim Kopfsalat sicherten «die Normen, dass die Konsumenten für den gesetzten Preis überall das gleiche Produkt» bekämen.
Marc Wermelinger vom Verband des Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels rechtfertigt die Verbandspolitik gegenüber dem K-Tipp. Die Normen würden dazu dienen, dass Produzenten und Abnehmer nicht bei jeder einzelnen Bestellung über die Qualität verhandeln müssten. Und zu den einzelnen Produkten sagt er: «Zu grosse Salatköpfe sind weniger beliebt, weil sie einen sehr kompakten Kopf aufweisen. Beim Rüsten führt das zu Mehrarbeit. Zudem reissen dabei die Blätter gerne.»
Der Brüsseler werde in Beuteln mit einem Mindestgewicht von 500 Gramm verkauft. «In der Regel», sagt Wermelinger, «werden drei Zapfen in einen Beutel verpackt. Damit das Gewicht in jedem Fall erreicht wird, muss der Zapfen eine bestimmte Grösse erreichen.» Nur: Sowohl Coop als auch die Migros packen mitunter vier Zapfen in einen Beutel.
Die Karotten dürfen laut Wermelinger nicht zu lang sein, denn «sie müssen in einen 1-Kilo-Beutel passen». Doch Coop und Migros verkaufen einen grossen Teil der Karotten offen.