Frauen mit Kinderwunsch wollen es nach dem Sex oft sofort wissen. Die meisten führen dann einen Schwangerschafts-Frühtest durch. Dabei benetzen sie ein Stäbchen mit ihrem Urin. Der Test erkennt, wenn der Urin das Schwangerschaftshormon hCG («humanes Choriongonadotropin») enthält. Bei einem positiven Ergebnis erscheint ein zweiter farbiger Strich auf der Anzeige. Nicht nur Apotheken verkaufen solche Tests, sondern auch Grossverteiler und Internethändler. Fast alle Hersteller verkaufen sogenannte Frühtests, mit denen man eine Schwangerschaft schon 3 bis 6 Tage vor dem Ausbleiben der Periode bestimmen kann. Und alle werben damit, dass die Tests bereits sehr tiefe Werte des Schwangerschaftshormons erkennen würden.
Der Gesundheitstipp und der «Kassensturz» liessen 15 solcher Tests vom Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker unter die Lupe nehmen. Resultat: Nicht alle geben den Frauen eine eindeutige Antwort. Das Labor prüfte die Tests mit Frauenurin, dem es künstlich hCG zugesetzt hatte (siehe «So testete der Gesundheitstipp»).
Am schlechtesten waren der Superfrüh-Test Viola aus der Apotheke, der Frühtest Safe & easy der Migros und der Test Midstream Evial von Drogi.ch. Sie erkannten die simulierte Schwangerschaft nicht. Drei weitere Produkte von Willi Fox, Cyclotest und Viola zeigten zwar einen Strich an, man konnte ihn aber nur unter der Lupe erkennen. Der Gesundheitstipp bewertete solche Produkte mit «ungenügend».
Willi Fox aus Basel schreibt dem Gesundheitstipp, der Frühschwangerschaftstest sei nur für den professionellen Gebrauch bestimmt. Der Gesundheitstipp konnte das Produkt allerdings ohne Rückfrage in Internetdrogerien einkaufen. Willi Fox empfiehlt bei Resultaten, die nur schwer zu interpretieren sind, den Test in den folgenden Tagen zu wiederholen.
Laut dem Verkäufer des Schwangerschaftstests Evial sind die Ergebnisse erst dann zu 99 Prozent sicher, wenn die Periode ausgeblieben ist. Zu einem früheren Testzeitpunkt seien die Resultate nur als «Tendenz» zu deuten. Das würden sie auch auf der Packungsbeilage so deklarieren. Die Migros und der österreichische Viola-Hersteller Care verweisen auf interne Qualitätskontrollen. Man habe keine Auffälligkeiten feststellen können.
Neun Tests zeigten im Labor ein richtiges Ergebnis an, das man immerhin von blossem Auge erkennen konnte. Sehr gut schnitten sechs Schwangerschaftstests ab. Bei diesen war das Resultat sehr gut erkennbar. Was der Gesundheitstipp-Test auch zeigt: Der Preis hat nichts mit der Zuverlässigkeit zu tun. So war der schlechteste Test zugleich der teuerste: Der Viola-Superfrühtest kostete satte Fr. 19.05 pro Stück. Der Schwangerschafts-Frühtest Pinkline aus dem Internethandel schnitt nicht nur am besten ab, er war auch der günstigste: Fr. 2.95.
Frühtests sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll
Für viele Fachleute ist allerdings klar: Solche Schnelltests sind gar nicht sinnvoll für alle Frauen, die schwanger werden möchten. Leonhard Schäfer, Chefarzt der Klinik für Geburtshilfe und Pränataldiagnostik am Kantonsspital Baden, sagt dazu: «Unter normalen Umständen sind Schwangerschafts-Frühtests unnötig.» Nur in speziellen Fällen mache das Sinn: so zum Beispiel, wenn die Frau Medikamente nehmen muss wie gewisse Blutdrucksenker oder Psychopharmaka wie Lithium oder Epilepsiemittel. «Allerdings ist in solchen Fällen», so Schäfer, «sowieso schon vorher eine medizinische Beratung nötig.»
Die Tests eignen sich auch nicht für Frauen, die auf keinen Fall schwanger werden wollen. Die Pille danach, so Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser, muss man innerhalb von 5 Tagen schlucken: «In dieser Phase zeigt der Frühtest noch nichts an.»
So testete der Gesundheitstipp
Expertinnen des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker untersuchten für den Gesundheitstipp 15 Schwangerschaftstests. Alle Hersteller versprechen, eine Schwangerschaft schon vor dem Ausbleiben der Periode anzeigen zu können. Die Labormitarbeiterinnen simulierten eine Schwangerschaft: dem Urin einer Frau, die nicht schwanger war, setzten sie das Schwangerschaftshormon hinzu, und zwar in einer Menge, die der Test gemäss Hersteller erkennen sollte. Mit dem Urin benetzten sie die Stäbchen der Tests. Jeder Test wurde mit frisch angesetzter Lösung drei Mal durchgeführt.