Mein Bauchnabel ist verschwunden. Vom Brustbein bis zur Gürtellinie habe ich eine Narbe. Und ein Stück des Darms fehlt mir auch. Wegen einer Verengung des Darmes hatten mich Ärzte 2017 operiert. Es gab Komplikationen: Ich bekam eine Bauchfellentzündung und hatte eine Blutvergiftung, ausgelöst durch einen Hefepilz. Meine Lunge und die Nieren versagten. Ich lag acht Wochen lang im Spital, zeitweise an einer Beatmungs- und einer Dialysemaschine. Die Ärzte mussten die Wunde zum Reinigen immer wieder öffnen. Insgesamt kam es zu zwölf Operationen.
Damals merkte ich: Das Wichtigste in meinem Leben sind meine Freunde. Sie erstellten eine Chatgruppe, um über meinen Zustand auf dem Laufenden zu bleiben und um Besuche zu koordinieren. Meine beste Freundin besuchte mich fast jeden Tag im Spital. Sie hob alle Zettel auf, die ich mit Schläuchen im Mund schrieb. Ich bin ihr unendlich dankbar für die Unterstützung in dieser harten Zeit.
Ich habe Morbus Crohn. Die Diagnose bekam ich vor zehn Jahren. Mein Darm ist chronisch entzündet, und ich habe oft Durchfall und Bauchweh. Dagegen muss ich mir starke Medikamente spritzen und viele Tabletten schlucken. Die Entzündung und die Gegenmittel machen mich oft sehr müde und schränken meine Leistungsfähigkeit stark ein. Wenn ich morgens aufstehe, fühle ich mich häufig schon wie nach einem harten Arbeitstag.
Wenn mein Darm sehr gereizt ist, esse ich nur bestimmte Lebensmittel. Blähendes Gemüse wie Kohl und Zwiebeln lasse ich weg. Auch von Avocados, die ja als gesund gelten, bekomme ich Krämpfe. Quinoa, Weizen, Dinkel, Fleisch und Reis kann ich gut essen. Am liebsten habe ich Poulet süsssauer.
Ich esse meist nur abends, wenn ich zu Hause bin. Am Abend oder am Wochenende gönne ich mir auch mal etwas zwischendurch. Dann habe ich ein WC in der Nähe.
Direkt nach dem Essen und die ersten Stunden danach muss ich oft rennen. Wenn ich nicht weiss, wo die nächste Toilette ist, oder keine Unterwäsche zum Wechseln dabeihabe, nehme ich nur Wasser zu mir.
Seit August habe ich eine Stelle als Assistent in einer vierten Schulklasse. Das Pensum beträgt zwar nur 30 Prozent, bringt mich aber oft an meine Leistungsgrenze. Die Aufgabe tut mir jedoch gut, sie gibt meinem Alltag Struktur. Davor habe ich oft auf die Hunde meiner Freunde aufgepasst. Die Tiere gaben mir Halt. Eine Lohnarbeit ersetzen sie aber nicht.
Ich muss mich zuerst noch an die neue Arbeit gewöhnen. Wenn ich irgendwann Routine habe, bin ich dann hoffentlich nicht mehr so erschöpft nach einem Schultag. Hätte ich mehr Energie, wäre ich auch offen für eine Beziehung. Dafür fühle ich mich aber jetzt noch nicht bereit. Ich will ein verlässlicher Partner sein.
Morbus Crohn: Der Darm ist ständig entzündet
Bei Morbus Crohn sind Teile des Darms chronisch entzündet. Zu den Symptomen gehören Bauchkrämpfe, Durchfall, Blut im Stuhl, Fieber, Gelenkschmerzen, Fisteln und Entzündungen im Mund und am After. In schweren Fällen kann es zu Rissen, einer Blockierung im Darm oder zu Darmkrebs kommen. Es ist nicht abschliessend geklärt, was die Ursache von Morbus Crohn ist. Man vermutet, dass es sich um eine Fehlfunktion des Immunsystems handelt. Morbus Crohn kommt in Industrieländern häufiger vor als in Entwicklungsländern. Je nach Quelle sind in der Schweiz von 100'000 Personen 2 oder 6 von der Krankheit betroffen.
Infos und Beratung:
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