Sie fahren den ganzen Tag auf dem Rhein hin und her. Ist das nicht ein Schoggijob?
Ich mag den Job sehr. Ich bin den ganzen Tag draussen und treffe viele Menschen. Aber es ist anstrengend. Ich muss mich immer stark konzentrieren und habe nur Pause, wenn keine Passagiere kommen. Zudem sind die Tage lang: Im Sommer kann eine Schicht elf Stunden dauern.
Wieso müssen Sie sich so stark konzentrieren?
Wegen der grossen Schiffe. Ich fahre quer über den Rhein. Dabei muss ich stets die anderen Boote im Auge behalten – sie haben Vorfahrt. Einige Schiffe sind so schnell, dass sie innert Sekunden auftauchen.
Ein Taxifahrer zum Beispiel muss doch noch viel mehr auf den Verkehr achten.
Ich steuere ja nicht nur die Fähre, sondern kassiere nebenbei das Geld für die Überfahrt. Bis zu 34 Personen passen aufs Boot. Zudem muss ich aufpassen, dass Kinder nicht überall herumklettern. Von Betrunkenen ganz zu schweigen. An Volksfesten ist das besonders schwierig.
Ist schon einmal jemand von Bord gefallen?
Nein. Aber gemeinsam mit zwei Passagieren habe ich vor ein paar Jahren einen Mann gerettet, der betrunken von der Wettsteinbrücke gefallen war. Wir konnten ihn zum Glück noch rechtzeitig in die Fähre ziehen.
Freuen Sie sich auf einen milden Herbst?
Natürlich, auch wenn mir die Temperaturunterschiede zu schaffen machen. Am Morgen und am Abend ist es kalt, tagsüber zum Teil sehr warm. Da bin ich oft falsch angezogen, auch weil ich ständig zwischen der geheizten Kabine und dem Aussendeck hin- und herlaufe. Besonders die kalte Zugluft macht mir grosse Probleme.
Wo spüren Sie das?
Am unteren Rücken. Ich bin fast 2 Meter gross und finde nur schwer T-Shirts, die lang genug sind. Die Schmerzen waren schon so schlimm, dass ich tagelang nicht arbeiten konnte.
Was tun Sie dagegen?
Ich habe mir im Internet extra lange T-Shirts gekauft. Manchmal benutze ich Wärmepflaster. Wenn es sehr kalt ist, trage ich einen Nierengurt. Ausserdem trainiere ich die Rücken- und Bauchmuskeln. Das hilft.
Der Sommer ist Ihnen also lieber?
Ich mag alle Jahreszeiten – jede hat andere Herausforderungen. In der Kabine wird es ziemlich heiss, wenn die Sonne das Dach aufheizt. Aber ich habe mich während der Hitzewelle oft mit einem Wasserspray abgekühlt. Schwierig im Sommer sind die vielen Rheinschwimmer.
Wieso?
Einige können nicht gut schwimmen und halten sich am Schwimmsack fest. Viele sind Touristen und unterschätzen die Strömung. Sie können nicht schnell genug reagieren. Dann muss ich ihnen zeigen, wo sie mir nicht im Weg sind.
Zur Person: Noa Thurneysen
Der 33-Jährige ist Pächter der Basler Münsterfähre. Sie ist eines von vier Holzbooten, die Passagiere an einem Seil über den Rhein bringen. Als Sohn eines Fährmanns verbrachte Thurneysen schon als Kind viel Zeit auf der Fähre.
Er hat einen Master in Erziehungswissenschaften.