Besserer Sitz, sicherere Verhütung, weniger Blutungen und Schmerzen als bei einer normalen Kupferspirale – für junge Frauen mit einer kleinen Gebärmutter sei die Gynefix-Kette im Vergleich zu anderen Kupferspiralen ein Vorteil. So steht es auf der Website des Herstellers Contrel. Auch der Zürcher Frauenarzt Pierre Villars wirbt auf seiner Website mit den Worten für die Kette: Sie sei «auch für junge Frauen geeignet die noch nie geboren haben.»
Fachleute kritisieren diese Anpreisungen. Ärztin Lucia Wehrle vom Zentrum für Schwangerschaftsverhütung am Unispital Zürich zweifelt, ob Gynefix für jüngere Frauen mit kleiner Gebärmutter tatsächlich besser sei: «Die Kupferkette ist in solchen Fällen nicht besser als eine Kupferspirale.» Auch bei Kupferspiralen stünden geeignete kleinere Grössen zur Verfügung.
Das Prinzip der Verhütung ist bei beiden dasselbe: Kupfer verhindert, dass sich ein Ei in der Gebärmutter einnistet und sich Spermien ungehindert bewegen können. Spiralen weisen meist einen weichen Plastikrahmen auf, der sich in der Gebärmutter festkrallt. Die Kupferkette hingegen besteht aus einem Faden, an dem mehrere Kupferzylinder aufgehängt sind. Der Frauenarzt befestigt sie wie ein Piercing in den oberen Muskeln der Gebärmutter. Dafür sticht er mit einer Nadel durch die Muskulatur und verknotet den Faden.
Nicht für jede Gebärmutter
Gynefix hält dadurch zwar besser als die Spirale und verrutscht nicht. In einer Studie verloren nur 4 von 1000 Frauen ihre Kupferkette, bei der Spirale sind es mehr als 20. Doch Wehrle sagt: «Die Gebärmutter muss dafür optimale Verhältnisse aufweisen.» Das ist gerade bei jüngeren Frauen oft nicht der Fall. Die Nadel ist 10 Millimeter lang, deshalb sollte auch die Muskeldecke der Gebärmutter mindestens 12 Millimeter dick sein. Sonst besteht das Risiko, dass die Nadel die Wand der Gebärmutter durchstösst. Doch gerade jüngere Frauen haben oft eine dünnere Wand.
Zudem ist der Faden der Kupferkette relativ dick. Lucia Wehrle: «Es kommt nicht selten vor, dass das Ende des Fadens den Partner beim Geschlechtsverkehr piekst.» Zwar lasse sich der Faden kürzen, aber dann könne es später Probleme beim Herausziehen der Kupferkette geben.
Wehrle zweifelt auch, ob Gynefix weniger Blutungen verursacht als Kupferspiralen. Die Studien seien widersprüchlich: «Gemäss unseren Erfahrungen verursacht die Kupferkette möglicherweise nur etwas weniger Schmerzen.»
Studien zur Sicherheit gibt es kaum
Umstritten ist auch, ob Gynefix sicherer ist in Bezug auf die Verhütung als Kupferspiralen. Die Daten beruhen fast nur auf Studien des belgischen Frauenarztes Dirk Wildemeersch – dem Erfinder von Gynefix.
Eine der wenigen unabhängigen Studien stammt aus dem Jahre 2009 von der Weltgesundheitsorganisation. Immerhin machten dabei 45 000 Testpersonen mit. Das Resultat: Im ersten Jahr gab es mit Gynefix mehr Schwangerschaften als mit der Kupferspirale, ab dem zweiten Jahr etwas weniger.
Dorothea Wunder vom Universitätsspital Lausanne sieht allerdings keinen Unterschied: «Gynefix wie auch alle Kupferspiralen sind sehr zuverlässige Verhütungsmethoden.» Voraussetzung sei, dass sie richtig eingesetzt seien und die Ärztin ihre Lage 4 bis 6 Wochen später noch einmal per Ultraschall überprüfe. Lucia Wehrles Fazit: «Viele Frauen, die ursprünglich mit dem Wunsch nach Gynefix zu uns kommen, landen nach der Beratung doch bei der Spirale.»
Gynefix-Vertreiberin Vifor verweist auf die Studie der Weltgesundheitsorganisation. Sie zeige, dass man weniger Kupferketten wegen Schmerzen entfernen müsse als Kupferspiralen. Vifor räumt ein, dass der Faden möglicherweise beim Geschlechtsverkehr störe. Man könne ihn aber kürzen.
Frauenarzt Pierre Villars sagt zwar, dass es zwischen der Kupferkette und der Kupferspirale «keinen relevanten Unterschied» in Bezug auf die Verhütungssicherheit gebe. Er betont aber, dass sich die Länge und Stärke der Menstruation bei der «überwiegenden Mehrheit» der Patientinnen kaum störend verändert habe.