Papilloma-Viren sind nicht harmlos. Sie werden durch sexuellen Kontakt übertragen und können Krebs am Gebärmutterhals auslösen. Insgesamt sind über 200 Papilloma-Viren bekannt. Die Pharmabranche bringt deshalb immer wieder neue Impfstoffe auf den Markt. Der neuste ist Gardasil 9 von Merck Sharp & Dohme. Der Bund prüft zurzeit, ob ihn die Krankenkassen zahlen müssen. Gardasil 9 soll gegen 90 Prozent aller Viren-Typen wirken. Zum Vergleich: Die älteren Impfstoffe Gardasil und Cervarix schützen laut Hersteller lediglich gegen 70 Prozent der Krebs-Viren.
Zu wenig Erfahrung mit den HPV-Impfstoffen
Die Behörden empfehlen Jugendlichen im Alter von 11 bis 14 Jahren die Impfung. Doch auch der neue Impfstoff stösst bei Fachleuten auf Kritik. Gardasil 9 bekämpft zwar neun verschiedene Typen der HP-Viren – mehr als die bisherigen Impfstoffe (siehe Tabelle im PDF). Doch das sei immer noch zu wenig, sagt der Kinderarzt und Impfexperte Martin Hirte aus München. Die deutsche Zeitschrift «Gute Pillen – schlechte Pillen» kommt gar zum Schluss, die Impfstoffe würden lediglich 40 bis 70 Prozent der Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs verhindern. Dazu kommt: Die Erfahrung mit den Impfstoffen ist beschränkt. Die ersten kamen vor rund zehn Jahren auf den Markt. Von der Infektion bis zum Ausbruch der Krankheit können aber bis zu 20 Jahre vergehen. Deshalb ist es laut Hirte zurzeit nicht bekannt, wie gut die Impfstoffe wirken.
Gegen Gebärmutterhalskrebs gibt es zudem einen Vorsorgetest beim Arzt: den Abstrich. Mit diesem Test können Ärzte den Krebs frühzeitig erkennen, sodass die Krankheit gar nicht ausbricht. In den letzten Jahren sank die Krebsrate dank diesem Vorsorgetest stark. Laut «Gute Pillen – schlechte Pillen» lässt sich deshalb nicht mit Sicherheit sagen, welchen Anteil die Impfung an diesem Erfolg hat.
Fachleute kritisieren zudem die Studien, die Merck Sharp & Dohme mit dem Impfstoff Gardasil 9 durchführte. Hirte sagt, der Hersteller habe nicht geprüft, ob der Impfstoff Tumoren verhindern könne – sondern nur, ob er vor ersten Zellveränderungen schütze. Allerdings entsteht nicht aus jeder Zellveränderung ein Tumor. Deshalb sei der tatsächliche Nutzen des Impfstoffs gegen Krebs nicht belegt.
Der Impfstoff hat zudem Nebenwirkungen. Dazu gehören Schwellungen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen oder Müdigkeit.
Merck Sharp & Dohme sagt, Vorstufen von Krebs müsse man sofort behandeln. Man könne deshalb die Studien nicht anders machen. Es sei nicht vertretbar, bei den Versuchsteilnehmern das Entstehen von Krebs abzuwarten, um zu prüfen, wie gut die Impfung wirke. Das Unternehmen verweist auf Daten aus Ländern, welche die Impfung vor zehn Jahren eingeführt haben. Es gebe erste Hinweise, dass Gebärmutterhalskrebs dort weniger häufig vorkomme.
Das Bundesamt für Gesundheit schreibt, es sei wichtig, möglichst viele Personen zu impfen. Dies komme ungeschützten Personen ebenfalls zugute. Deshalb sei die Impfung auch für Junge zu empfehlen.
Auch Männer sollen sich impfen lassen
Seit dem vergangenen Jahr empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit die HPV-Impfung auch für Knaben und junge Männer. So könnten sie Mädchen oder homosexuelle Partner vor den Viren schützen. Denn die Viren könnten auch Analkrebs auslösen.
Doch die Impfung für Knaben ist noch umstrittener als diejenige für Mädchen. Das Risiko, an Analkrebs zu erkranken, ist gering. Laut der Krebsliga Schweiz erkranken daran jährlich 190 Menschen. Davon sind nur rund 30 Prozent Männer. Zum Vergleich: Am häufigsten tritt bei Männern Krebs an der Prostata auf. Über 6000 Personen erkranken jedes Jahr daran. Impfexperte Martin Hirte sagt: «Es ist sehr problematisch, eine Bevölkerungsgruppe gegen eine Krankheit zu impfen, von welcher sie nicht bedroht ist.»
Tipps: So schützen Sie sich vor Gebärmutterhalskrebs:
- Verwenden Sie beim Geschlechtsverkehr Kondome.
- Lassen Sie alle drei bis fünf Jahre einen Abstrich bei der Frauenärztin machen – am besten während des Eisprungs. Dann ist der Test am aussagekräftigsten.
- Hören Sie auf zu rauchen. Die Zellen der Gebärmutter speichern Giftstoffe aus dem Tabak. Dies begünstigt das Entstehen von Krebs.
- Suchen Sie bei Blutungen oder ungewöhnlichem Ausfluss die Frauenärztin auf.