Eine Narbe kann schmerzen, jucken oder unangenehm spannen. Und meist sieht sie nicht besonders toll aus. Dagegen helfen sollen Narbencremes, die die Narben unauffälliger erscheinen lassen. Die Hersteller geizen nicht mit Versprechungen: «Contractubex»-Gel aus der Apotheke soll zu «einer kaum sichtbaren Narbe» führen. Es enthält Zwiebelextrakt, Heparin und Allantoin. Und das Narbenöl «Bi-Oil» wirbt gleich damit, das «weltweit führende Pflegeprodukt bei Narben und Dehnungsstreifen» zu sein.
Die Therapie mit den Produkten ist teuer: 100 Gramm «Contractubex»-Gel kostet 60 Franken, 1 Deziliter «Bi-Oil» 30 Franken. Eine monatelange Behandlung kann so schnell teuer werden.
Klinische Studien zur Wirksamkeit fehlen
Experten sehen solche Anpreisungen kritisch. «Ob die Produkte eine Narbe tatsächlich verbessern, ist schwer zu sagen», sagt etwa Hautärztin Bettina Schlagenhauff aus Küssnacht am Rigi SZ. Es würden klinische Studien fehlen, die wissenschaftlich eindeutig belegen, dass sie wirken. Positive Berichte lassen sich laut Expertin auch anders erklären: Rötungen und Schwellungen würden bei der Wundheilung so oder so nach einigen Monaten zurückgehen. Wer in dieser Regenerationszeit eine Narbensalbe benutze, führe den Effekt jedoch häufig allein auf das verwendete Produkt zurück. Insgesamt könne das regelmässige Einreiben die Haut aber geschmeidiger machen und Feuchtigkeit spenden.
Denselben Effekt haben auch einige Hausmittel. Ihre Wirksamkeit ist zwar ebenfalls nicht ausreichend belegt. Doch auch sie pflegen die Haut, kosten weniger als Narbensalben und haben kaum Nebenwirkungen. Das zeigt auch die Erfahrung der Bündnerin Heide-Rose Decurtins (77). Sie benutzt Olivenöl bei ihren Narben. Sie hatte tiefe Schnittverletzungen an den Händen, die ein Arzt nähen musste. «Als die Wunden verheilt waren, habe ich sie jeden Abend mit Olivenöl leicht einmassiert», erzählt sie. «Heute sind die Narben kaum mehr sichtbar.» Auch eine grosse Operationsnarbe bei ihrem Ehemann hat sie so erfolgreich behandelt.
Erhard Saladin (78) aus Grindelwald BE berichtet von Erfolgen mit Kamillenteesud. Nach einem Schlittelunfall hatte er eine zwei Zentimeter lange, wulstige Narbe unter dem rechten Auge. Er betupfte sie jeden Tag mit einem noch warmen Kamillenteebeutel. «Das Ergebnis war verblüffend!», sagt er. Nach einem halben Jahr sei die Narbe viel blasser gewesen. «Man konnte sie kaum noch sehen.»
Neben Olivenöl und Kamille können Aloe Vera, Ringelblume oder Lavendelöl Narben bei der Heilung unterstützen und das Gewebe geschmeidiger machen. Auch Silikon in Form von Pflastern oder als flüssiges Gel kann laut einigen Studien wulstige Narben verhindern oder ihr Erscheinungsbild verbessern. Es braucht jedoch viel Geduld.
Narbenbildung dauert mindestens ein Jahr
Um einen Effekt zu sehen, muss man die Mittel täglich mindestens sechs Monate lang auftragen. Hautärztin Schlagenhauff: «Man kann damit beginnen, sobald die Wunde trocken und ohne Kruste ist.» Oder sobald der Arzt Fäden oder Klammerpflaster entfernt hat. Bis die Narbenbildung abgeschlossen ist, vergeht mindestens ein Jahr. Verursacht die Narbe dann noch Beschwerden oder ist besonders hässlich, hilft nur noch ein chirurgischer Eingriff. Eine Spritze mit Kortison ins Narbengewebe kann das unkontrollierte Wachstum hemmen. Beim Vereisen oder einer Laserbehandlung wird das überflüssige Gewebe abgetragen.
Ein Sonderfall sind eingesunkene Narben wie bei Akne, Verbrennungen oder Dehnungsstreifen. Sie entstehen, wenn die Haut nach der Verletzung zu wenig neues Gewebe bildet. Hier helfen Cremes wenig. Nur mit Laser oder Microneedling lässt sich die Haut dazu anregen, neues Gewebe zu bilden. Das polstert die Narbe von innen auf.
«Contractubex»-Hersteller Merz sagt, das Produkt habe in Studien und in der Praxis überzeugt, vor allem in Kombination mit anderen Behandlungen. Empfehlenswert sei aber eine Beratung durch den Hautarzt. Bi-Oil gibt an, die Wirksamkeit des Produkts sei hinreichend belegt.
So verheilen Narben gut
- Schonen Sie frische Wunden, damit sie in Ruhe verheilen können.
- Desinfizieren Sie entzündete Wunden.
- Meiden Sie Nikotin, Kälte und Hitze (zum Beispiel Saunabesuche).
- Schützen Sie die Narbe vor direkter Sonne.
- Tragen Sie keine Kleidung, die an der Narbe scheuert.
- Halten Sie die Narbe mit Creme geschmeidig.
- Fragen Sie bei störenden, alten Narben Ihren Hautarzt nach einer weiteren Behandlung.