«Nach dem Training fühle ich mich einfach gut»
Asiatische Sportarten zur Selbstverteidigung sind gesund für Körper und Geist. Unfälle kommen nicht häufiger vor als bei anderen Sportarten – sofern man einige Regeln beachtet.<br />
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Gesundheitstipp 12/2009
29.11.2009
Letzte Aktualisierung:
01.12.2009
Christian Egg
Das Training ist fast zu Ende. Doch beim letzten Sprung passiert es: Bei der Landung knickt Ortensia Grabers rechter Fuss nach innen, ein extremer Schmerz durchfährt sie. Im Spital stellen die Ärzte fest: Bänderriss. Das war vor einem halben Jahr. Die 30-Jährige aus Riehen BS hatte erst einen Monat zuvor mit Taekwondo begonnen, einem dynamischen Kampfsport mit schnellen Bewegungen.
Sechs Wochen lang musste Graber mit dem Training aussetzen, doch ans Aufhöre...
Das Training ist fast zu Ende. Doch beim letzten Sprung passiert es: Bei der Landung knickt Ortensia Grabers rechter Fuss nach innen, ein extremer Schmerz durchfährt sie. Im Spital stellen die Ärzte fest: Bänderriss. Das war vor einem halben Jahr. Die 30-Jährige aus Riehen BS hatte erst einen Monat zuvor mit Taekwondo begonnen, einem dynamischen Kampfsport mit schnellen Bewegungen.
Sechs Wochen lang musste Graber mit dem Training aussetzen, doch ans Aufhören dachte sie nicht eine Sekunde. «Bevor ich mit Taekwondo begann, war ich nie sehr sportlich», sagt sie. Joggen und Nordic Walking hat sie ausprobiert und schnell wieder aufgegeben. «Aber Taekwondo ist ideal für mich. Nach dem Training fühle ich mich einfach gut – körperlich und seelisch.» Selbstverteidigung hat sich in den letzten Jahrzehnten in der Schweiz etabliert: Laut einer Umfrage des Bundesamts für Sport üben gut 100‘000 Schweizerinnen und Schweizer eine der zahlreichen Sportarten aus.
Studien zeigen: Das Training verbessert Kondition, Gleichgewicht und Beweglichkeit und lässt das Körperfett schmelzen. Viele Sportarten enthalten zudem Meditations- und Atemübungen, die die Konzentration fördern. Nicht immer geht es dabei um den Zweikampf: Die meisten Sportarten kennen auch Einzelübungen, bei denen die perfekte technische Ausführung im Vordergrund steht.
Beim Fussball und Eishockey ist das Unfallrisiko grösser
Die Kampfsportarten sind nicht gefährlicher als andere, wie eine neue Studie zeigt: Das Risiko, sich zu verletzen, ist zwar grösser als beim Joggen, Turnen oder Schwimmen – aber viel tiefer als bei Mannschaftssportarten wie Fussball, Eishockey oder Basketball. Doch zwischen den einzelnen Sportarten gibt es grosse Unterschiede. Kanadische Forscher fanden heraus: Wer Taekwondo oder Aikido macht, riskiert eher eine Verletzung. Hier verletzt sich innerhalb eines Jahres gut jeder zweite Sportler. Weniger riskant waren Karate und Kung-Fu. Kaum Verletzungen gab es bei Tai-Chi mit seinen langsamen, fliessenden Bewegungen (siehe Tabelle im pdf-Artikel).
Claudio Rosso, Karate-Verbandsarzt und selber Karate-Trainer, erklärt die Unterschiede so: «Beim Taekwondo dürfen Sportler auch den Kopf treffen.» Bei Karate und Kung-Fu seien unkontrollierte Schläge an den Kopf verboten.
Fortgeschrittene verletzen sich häufiger als Anfänger
Die Forscher stellten noch etwas anderes fest: Erfahrene Sportler haben im Vergleich zu Anfängern ein höheres Verletzungsrisiko. Rosso überrascht das nicht: «Erfahrene Sportler trainieren mehr, um ihr Niveau zu halten. Zudem nehmen sie eher an Wettkämpfen teil, was das Risiko einer Verletzung weiter erhöht.» Auch Antje Arnold aus Nussbaumen AG war längst keine Anfängerin mehr, als sie sich verletzte. Bereits seit drei Jahren trainierte sie regelmässig Aikido. Doch im September 2006 geschah es. Beim Kampftraining verhedderte sie sich mit dem Fuss in der Hose ihres Gegners. Anstatt abzurollen, knallte sie mit voller Wucht auf die Schulter.
«Die sonst so weiche Matte fühlte sich an wie Beton», erinnert sich die 31-Jährige. Zwar hatte sie kaum Schmerzen, aber den Arm konnte sie nicht mehr richtig heben. «Es war sofort klar: Da ist etwas kaputt.» Im Röntgenbild sahen die Ärzte: Drei Bänder des Schultergelenks waren gerissen. Trotzdem war auch für Antje Arnold Aufhören nie ein Thema. Dafür macht ihr der Sport zu viel Spass: «Ich kann den Alltagsstress vergessen und mich so richtig auspowern.» Wie Ortensia Graber verletzte sich auch Antje Arnold gegen Ende einer intensiven Trainingseinheit. «Ich war vielleicht nicht mehr voll konzentriert», sagt sie.
Claudio Rosso rät deshalb Sportlern, nicht zu lange am Stück zu trainieren: «Nach einem langen Training sind die Muskeln ermüdet. Sie können dann einen Schlag weniger gut abfangen.» Gegen Ende einer Trainingseinheit sollte man zudem auf Zweikämpfe verzichten, so Rosso, und nur noch Bewegungsabläufe ohne Gegnerkontakt üben.
Tipps: So vermeiden Sie Verletzungen im Training
- Vor jedem Training aufwärmen.
- Trainieren Sie Kraft und Beweglichkeit.
- Wenden Sie eine neue Technik erst mit vollem Einsatz an, wenn Sie sie perfekt beherrschen.
- Machen Sie vor einem Trainingskampf klare Regeln ab.
- Verzichten Sie am Ende des Trainings auf Zweikämpfe.
Absolvieren Sie ein Probetraining, bevor Sie sich in einer Schule anmelden. Darauf sollten Sie achten:
- Lehrt die Schule die Technik sorgfältig?
- Ist stets ein Trainer anwesend?
- Lehrt die Schule auch Atemtechnik?
- Gibt es im Training gefährliche Zweikämpfe?