Heute singe ich nur noch selten. Etwa wenn ein Stammgast in meinem Restaurant seinen Geburtstag feiert. Die Gäste freuen sich, wenn ich das mache. Wegen meines Tinnitus höre ich mich selbst nicht richtig. Im Stimmengewirr des vollen Lokals muss ich oft die Hand ans Ohr legen, wenn ich mit einem Gast sprechen möchte, sonst kann ich die einzelnen Stimmen nicht unterscheiden.
Ich hatte einen Hörsturz. Das Unglück geschah bei einer Probe im Opernhaus Zürich. Als Mitglied des Chors stand ich auf der Bühne. Plötzlich spielte die Technik einen Kanonenschuss mit einer Lautstärke von etwa 95 Dezibel ein, ohne Vorwarnung. Ich stand nur zwei Meter vom Lautsprecher entfernt. Auch über dem Kopf befand sich ein Lautsprecher. Die Bühne bebte. Mehrere Minuten lang hörte ich nach dem Knall gar nichts mehr. Dann kam das Pfeifen.
Seit sieben Jahren lebe ich nun mit diesem Pfeifton. Ich habe ihn in beiden Ohren, links etwas stärker. Jede Nacht wache ich deswegen zwei oder drei Mal auf. Tagsüber kann ich mich häufig ablenken. Meine Arbeit hält mich vom frühen Morgen bis gegen Mitternacht auf Trab. Ausserdem hilft mir Meditation. Ich habe schon als Opernsänger regelmässig meditiert, als Atemtraining. Jetzt ist das ein gutes Mittel, um den Stress abzubauen, der durch den Tinnitus entsteht.
In den ersten paar Wochen machte ich mir keine Sorgen. Der Unfall geschah in der strengsten Zeit des Jahres, da war ich nicht böse über eine Pause. Die anderen Chormitglieder, die nach dem Knall krankgeschrieben waren, erholten sich alle. So hatte ich keine Zweifel, dass auch ich gesund werden würde. Nach einem halben Jahr sah es anders aus. Es wurde klar, dass ich nie wieder als Sänger auf der Bühne stehen würde.
Die Versicherung schickte mich in die Berufsberatung. Meine Ängste wuchsen zur Panik. Wie sollte ich in Zukunft für meine Familie sorgen, wenn ich nicht mehr mit Singen Geld verdienen konnte? Würde ich die Schweiz verlassen müssen? Der Arzt schickte mich zum Psychiater. Er sagte, dass viele Menschen nach einem Hörsturz psychologische Hilfe brauchen. Ich war geschockt und traurig über meine zerstörte Zukunft.
Die IV lehnte eine Rente ab mit der Begründung, dass ich noch arbeiten könne. Doch die Haftpflichtversicherung schüttete eine Entschädigung aus. Plötzlich hatte ich eine Idee: Mit der Entschädigung der Versicherung mache ich in Zürich ein koreanisches Restaurant auf. In der Schweiz sind solche Restaurants sehr selten, dabei lieben viele Leute weltweit koreanisches Essen. Kochen war schon immer mein Hobby. Für Intensivkochkurse flog ich nach Seoul. Mein Restaurant habe ich «Akaraka» genannt, das heisst «Unter Musik und Freude sind wir eins».
Hörsturz: Tinnitus ist die häufigste Spätfolge
Ein Hörsturz kommt wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Plötzlich hört man auf einem oder beiden Ohren deutlich schlechter oder gar nichts mehr. Dazu kommen oft ein dumpfes, wattiges Gefühl im Ohr und Schwindel.
Die Hauptursache für einen Hörsturz ist eine Durchblutungsstörung. Man spricht deshalb auch von einem Infarkt des Innenohrs. Etwa die Hälfte der Betroffenen kann sich innerhalb von 24 Stunden gut erholen. Wichtig ist, dass man schnell reagiert: Wenn ein Hörsturz nicht rechtzeitig behandelt wird, riskiert man im schlimmsten Fall Taubheit.
Die häufigste Spätfolge ist ein Tinnitus: Störgeräusche im Ohr wie Pfeifen, Klingeln oder Rauschen. Diese können den Alltag stark beeinträchtigen.
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