Bea Eschmann aus Lanzenhäusern BE bereitet jeden Abend Tee aus Misteln zu. Sie gibt das Kraut in eine Kanne, giesst kaltes Wasser dazu und lässt den Tee zwölf Stunden lang ziehen. Am Morgen seiht sie die Flüssigkeit ab. Über den Tag verteilt trinkt sie zwei Tassen davon. «Ich erwärme den Tee nur leicht, sonst wirkt er zu wenig gut», sagt die 57-Jährige. Zudem nimmt sie jeden Tag zwei Kapseln schwarzen Knoblauch. Der Grund: Eschmann hat einen erhöhten Blutdruck und braucht Blutdrucksenker. «Ohne die natürlichen Mittel müsste ich wohl noch mehr Tabletten schlucken», sagt sie.
Der Luzerner Apotheker Christoph Bachmann bestätigt: «Natürliche Präparate kann man als zusätzliche Therapie gegen hohen Blutdruck einsetzen.» Diese Erfahrung machte auch die Bündnerin K. W. Sie sagt: «Seit ich ein Präparat mit Knoblauch, Mistel und Weissdorn nehme, brauche ich nur noch die halbe Menge des Blutdrucksenkers Losartan.»
Natürliche Mittel können auch bei leicht erhöhtem Blutdruck helfen (siehe Tabelle im PDF). Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser sagt: «Senioren ab 70 Jahren können bis zu einem Blutdruck von 150 natürliche Mittel anwenden.» Diese senken den Wert maximal um 10 Einheiten, zum Beispiel von 140 auf 130. «Bei vielen Patienten reicht dies aus, um die Werte zu normalisieren», sagt Walser.
Am besten erforscht ist Weissdorn. Sigrun Chrubasik, Ärztin und Expertin für Pflanzenmedizin an der Universität Freiburg im Breisgau (D), sagt, der Nutzen sei für Spezialextrakte aus Blättern und Blüten gut belegt. «Das Trinken von Weissdorntee hat jedoch nicht den gleichen Effekt», sagt Chrubasik. Weissdorn senke nicht nur den Blutdruck, sondern stärke auch das Herz. Allerdings fehlen Studien über das Ausmass des Nutzens.
Schwarzer Knoblauch hilft ebenfalls gut gegen hohen Blutdruck. Sigrun Chrubasik sagt: «Studien belegen, dass Knoblauch ein natürlicher Blutdrucksenker ist.» Allerdings habe er bei rund einem Drittel der Studienteilnehmer nicht gewirkt. Experten vermuten, dass es dafür genetische Gründe gibt. Schwarzer Knoblauch ist übrigens geruchlos, daher muss man keine Ausdünstungen befürchten.
Hibiskustee: Drei Tassen täglich senken die Werte
Auch Hibiskus soll Patienten helfen. Eine US-Studie zeigte, dass der Blutdruck um bis zu 13 Einheiten sinkt, wenn man jeden Tag drei Tassen Hibiskustee trinkt. Besonders gut zeigte sich dieser Effekt bei Patienten, deren Blutdruck nur leicht erhöht war. Heilpflanzenexperte Martin Koradi aus Winterthur ZH schränkt aber ein: «Die Studie hatte nur wenige Teilnehmer und ist daher nicht sehr aussagekräftig.» Doch der Tee sei gesund und schmecke angenehm und frisch. «Hätte ich selber leicht erhöhte Werte, würde ich es mit Hibiskustee versuchen.»
Auch Randensaft hilft gegen hohen Blutdruck: Ein halber Liter senkte die Werte um rund 10 Einheiten, wie eine weitere US-Studie zeigte. Das in Randen enthaltene Nitrit erweitert die Gefässe. Doch der Nutzen ist nicht eindeutig belegt. Dies gilt auch für Misteln und Olivenblätter.
Kurkuma: Nutzen nicht belegt
Forscher untersuchten auch, ob Kurkuma den Blutdruck senken kann. Studien zeigten aber bisher keinen klaren Nutzen – obwohl die Forscher eine grössere Menge des enthaltenen Wirkstoffs Curcumin einsetzten, als die Europäische Gesellschaft für Arzneimittelsicherheit erlaubt. Sigrun Chrubasik rät daher von Kurkumapräparaten ab. Auch Martin Koradi ist skeptisch: Zurzeit gebe es zwar «einen grossen Hype um Kurkuma», Studien mit Patienten würden die Heilwirkung der Wurzel aber kaum je beweisen.
Ein Spezialfall ist die Schlangenwurzel aus Indien: «Der Wirkstoff Reserpin war lange Zeit als sehr wirksamer Blutdrucksenker im Einsatz», sagt Chrubasik. Doch er führte zu schweren Nebenwirkungen, darunter zu Depressionen mit Suizidgedanken. «Deshalb empfehlen Ärzte Reserpin heute nicht mehr.» Es ist nur noch mit ärztlichem Rezept erhältlich. Das gilt auch für das homöopathische Mittel Reserpinum, das nur verschwindend kleine Mengen an Reserpin enthält.
Die meisten Hersteller äussern sich nicht zur Wirkung ihrer Mittel. Die Schwabe Group schreibt, Cardiplant sei für Herzstörungen nervösen Ursprungs wie Herzklopfen oder Schwindel zugelassen. Alpinamed schreibt, Knoblauch wirke unterschiedlich auf den Blutdruck. Es sei davon auszugehen, dass er diesen bei 30 bis 40 Prozent der Menschen nicht beeinflusse.
Blutdruck senken ohne Medikamente
- Bewegen Sie sich jeden Tag eine halbe Stunde so, dass Sie ausser Atem geraten.
- Nehmen Sie bei Übergewicht ab. Lassen Sie zum Beispiel regelmässig eine Mahlzeit aus.
- Essen Sie nur wenig Salz. Dies senkt bei rund der Hälfte aller Patienten den Blutdruck.
- Rauchen Sie nicht, und trinken Sie nicht mehr als ein Glas Rotwein pro Tag.
- Sorgen Sie für genügend Schlaf.
- Bauen Sie Stress ab – zum Beispiel mit folgender Atemübung: 4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden ausatmen. Wiederholen Sie das 11 Minuten lang.
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