Der Austausch mit ihren Freundinnen tue ihr gut, erzählt Katalin Vizi: «Wir können stundenlang quatschen, aber auch ernste Themen miteinander besprechen.» Ihre beste Freundin Andrea Lehner kennt sie bereits seit 23 Jahren. «Mit ihr gehe ich durch dick und dünn.» Freundschaften sind für die 48-Jährige aus Bülach ZH sehr wichtig: «Meine Freitagabende sind praktisch immer ausgebucht. Dann treffe ich meine Freundinnen, gehe mit ihnen fein essen oder an Veranstaltungen.» Ohne Freundschaften würde sie «eingehen wie eine Blume, die kein Wasser bekommt», sagt Katalin Vizi.
«Wir reden offen über unsere Gefühle»
Die Freundschaft der 60-jährigen Soheila Ghadamian und der 59-jährigen Christine Schafer besteht sogar schon seit rund drei Jahrzehnten. Beide Frauen wohnen in Orpund BE und kennen sich aus der Nachbarschaft. Mit ihrer Freundin könne sie über alles reden, sagt Soheila Ghadamian: «Wir berichten einander offen über unsere Gefühle und über unseren Alltag.» Die beiden Frauen reisten schon gemeinsam nach Wien, Berlin und Amsterdam. «Manchmal treffen wir uns einfach zum Kaffee und plaudern.» Wenn es ihr einmal nicht gut gehe, gebe ihr die Freundschaft Sicherheit, erzählt Soheila Ghadamian.
Stabile Freundschaften tun der Seele gut
Diese Beispiele zeigen: Freundschaften sind wichtig für das Wohlbefinden und die Gesundheit. Das bestätigen Forscher. Der deutsche Soziologe Martin Schröder von der Uni Marburg (D) hat herausgefunden: Leute, die mehrere Freunde haben, sind deutlich zufriedener als solche, die wenige oder keine Freunde haben. Der Grund: Ist man mit Freunden zusammen, schüttet der Körper Botenstoffe aus, die Glücksgefühle verstärken und Stress vermindern. Eine grosse Übersichtsstudie der US-amerikanischen Psychologin Julianne Holt-Lunstad mit über 300000 Teilnehmern zeigt sogar: Stabile Freundschaften vermindern das Risiko, früh zu sterben, um die Hälfte. Damit sei der Nutzen der Freundschaften für die Gesundheit noch grösser als jener von Sport oder gesundem Essen.
Frauen pflegen Freundschaften auf eine andere Weise als Männer. Der Psychologieprofessor Guy Bodenmann von der Universität Zürich sagt: «Bei Frauenfreundschaften stehen persönliche Gespräche im Zentrum.» Frauen reden laut Bodenmann gern über ihre Gefühle, ihre Sorgen und Ängste und holen sich bei Freundinnen Rat und Unterstützung. Katalin Vizi bestätigt: «Männer wollen nicht zum hundertsten Mal hören: Oh, jetzt habe ich wieder ein Kilo zugenommen. Solche Sachen bespreche ich lieber mit meiner Freundin Andrea.»
Die meisten Frauen pflegen Freundschaften
Eine Studie der Universität Oxford mit 200 Teilnehmerinnen zeigte letztes Jahr: Fast alle Frauen haben eine beste Freundin. Auch wenn sie in einer Partnerschaft mit einem Mann leben, pflegen die meisten von ihnen weiterhin Frauenfreundschaften. Eine weitere Studie, die an der University of North Florida entstand, zeigt: Frauen reden im Durchschnitt 18 Stunden pro Woche mit ihren besten Freundinnen. Den Grund dafür sieht Psychologe Guy Bodenmann darin, wie Frauen häufig aufwachsen: «Schon als Kinder lernen sie, Gefühle zu zeigen und Anteil zu nehmen.» Die Psychologin Christina Casanova aus Chur GR sagt, Frauen würden lernen, ihr Netzwerk zu erweitern, wenn sie Kinder bekommen.
Lesen Sie im nächsten Gesundheitstipp: Männerfreundschaften funktionieren – und was Studien und Fachleute dazu sagen
Katalin Vizi (48), Bülach ZH
«Mit meiner besten Freundin Andrea gehe ich durch dick und dünn. Wenn ich Probleme habe, unterstützt sie mich. Wir haben ähnliche Interessen und Ansichten, das verbindet uns. Wir wandern beide gern gemeinsam und machen Spielabende. Ich lernte sie vor 23 Jahren durch einen Ex-Partner kennen. Am Anfang dachte ich, sie sei nicht mein Typ. Sie war damals eher ruhig, ich war extrovertiert. Mit der Zeit glichen wir uns aber an und verstanden uns immer besser.»
Andrea Lehner (45), Remertschwil AG
«Ich schätze Katalins offene Art. Sie ist sehr fürsorglich. Ich kann auf sie zählen. Auch bei akuten Problemen ist sie immer für mich da. Wir reden über alles, vom Kochen bis zur Sexualität. Wir sind schon lange miteinander befreundet. Das liegt wohl daran, dass wir uns gegenseitig akzeptieren, auch wenn wir nicht immer gleicher Meinung sind. Wir treffen uns ungefähr einmal im Monat, aber wir schreiben einander drei bis vier Mal pro Woche. Wir haben schon viel zusammen erlebt.»
Tipps: So finden Sie neue Freundinnen
- Um eine neue Freundin kennen zu lernen, müssen Sie aktiv werden. Laden Sie eine Nachbarin oder eine Arbeitskollegin zum Kaffee ein. Buchen Sie einen Kurs oder eine Gruppenreise.
- Frauen mit ähnlichen Interessen finden Sie am ehesten in Vereinen, zum Beispiel in einem Sportklub oder einem Gesangschor.
- Oft gelingt es, alte Freundschaften wieder zu aktivieren, auch wenn man sich jahrelang nicht mehr gesehen hat.
- Den meisten Leuten fehlt die Zeit, um mehr als fünf enge Freundschaften zu pflegen. Manche sind zufrieden mit einer einzigen besten Freundin.
- Studien zeigen: Nach etwa 50 gemeinsamen Stunden wird aus einer Bekanntschaft eine lockere Freundschaft, nach 100 Stunden kann daraus eine feste Freundschaft werden.
- Auch eine Freundschaft auf Distanz kann bereichernd sein. Telefonieren Sie regelmässig, oder treffen Sie sich über Whatsapp oder Skype.
- Buchtipp: Ulrike Scheuermann: «Freunde machen gesund», Verlag Knaur Balance, ca. Fr. 32.–