Wenn Petra Seiler am Morgen erwacht, ist es besonders schlimm: Ihre Augen jucken. Seit mehreren Jahren leidet sie an trockenen Augen. «Mit dem Alter wurden die Beschwerden stärker», sagt die 69-jährige Luzernerin. Sie kann deshalb keine Linsen mehr tragen. «Sie klebten wie Saugnäpfe auf den trockenen Augen.»
Petra Seiler ist kein Einzelfall. Bei Betroffenen hat sich die Zusammensetzung des Tränenfilms verändert. Er besteht unter anderem aus einer wässrigen Schicht mit Nährstoffen und einer fetthaltigen Schutzschicht. Hat es von einer Schicht zu wenig, trocknen die Augen aus. Sie brennen, jucken, sind gerötet oder fühlen sich verquollen an. Das ist lästig. Auf Dauer schadet es auch der Hornhaut, wenn keine Tränen sie schützen.
Ärzte raten deshalb, die Augen mit Tropfen und Gels zu befeuchten. Die Auswahl an solchen Mitteln in Apotheken, Drogerien und bei Optikern ist riesig. Doch nicht alle Produkte sind für jeden Patienten geeignet. Ein Überblick:
Tropfen mit Tetryzolin: Fachleute raten davon ab (siehe Tabelle im PDF). Sie vermindern zwar die Rötung im Auge, doch sie trocknen es aus und verschlimmern das Problem. Der Augenarzt Dietmar Thumm aus Luzern sagt: «Man muss dann immer häufiger tropfen und kommt kaum mehr davon los.»
Präparate mit Omega 3: Sie sind ebenfalls umstritten. Es gibt zwar Hinweise, dass die gesunden Fettsäuren Entzündungen hemmen und die fetthaltigen Stoffe im Auge fördern. Doch eine Studie in den USA zeigte: Selbst grössere Mengen an Omega-3 nützen nicht mehr als ein Placebo-Präparat mit Olivenöl.
Salben mit Vitamin A: Auch davon sollte man sich nicht zu viel versprechen. Ärzte verschreiben sie bei starken Beschwerden, um die angegriffene Hornhaut zu heilen. Dietmar Thumm sagt: «Sie wirken nur beschränkt.» Zudem kann man die Salben lediglich in der Nacht anwenden, weil sie die Sicht trüben. In der Zwischenzeit hätten sich Augentropfen mit Dexpanthenol oder Vitamin B5 durchgesetzt, wie zum Beispiel Bepanthen, Hylo-Care, Siccaprotect und Visionlux. Hier sei nachgewiesen, dass sie der Hornhaut nützen, sagt Thumm.
Tropfen mit Hypromellose, Povidon und PVA: Sie eignen sich nur für Patienten mit leichten Beschwerden. Denn sie wirken nur wenige Stunden. Sie liefern dem Auge zusätzliche Feuchtigkeit, sind günstig und Patienten vertragen sie gut. Vorsicht ist jedoch bei Präparaten mit Konservierungsmitteln angebracht. Sie schaden der Oberfläche des Auges. Thumm rät: «Wer mehr als drei bis vier Mal pro Tag Tropfen benötigt, sollte ein Produkt ohne Konservierungsmittel wählen.» Das gilt ebenso für Leute mit Linsen.
Tropfen und Gels mit Hyaluronsäure oder Carbomere: Sie sind bei stärkeren Beschwerden geeignet und wirken länger, weil sie eine Schutzschicht bilden. So verdunsten die Tränen weniger schnell. Hyaluronsäure heilt zudem wunde Stellen der Hornhaut.
Gels mit Guar: Präparate wie Systane Hydration kombinieren Hyaluronsäure mit Guar. Dies soll den Tränenfilm festigen. Dietmar Thumm empfiehlt Produkte mit Guar vor allem Patienten, deren trockene Augen bei Wind oder Kälte übermässig tränen.
Tropfen mit Extrakten aus Augentrost und Heidelbeere: Viele Patienten machen mit natürlichen Mitteln gute Erfahrungen. Sie enthalten Extrakte von Augentrost, Heidelbeere und anderen Heilpflanzen, teilweise homöopathisch verdünnt oder mit anderen Wirkstoffen kombiniert. Thumm: «Es spricht nichts dagegen, sie auszuprobieren.» Sie können Entzündungen lindern und haben kaum Nebenwirkungen. Das gilt auch für Stoffe wie Ectoin und Trehalose, welche den Tränenfilm stabiler machen und so vor dem Verdunsten schützen sollen.
Wer mit Gels und Tropfen keinen Erfolg hat, sollte zum Augenarzt. Das gilt auch bei Schmerzen, wenn sich das Auge oder die Lider entzünden und wenn die Sehkraft leidet.
Hersteller Cilag schreibt, Patienten sollten die Visine-Tropfen höchstens drei Tage lang anwenden. Dann würden die Nebenwirkungen von Tetryzolin kaum auftreten. Laut Galenica ist das Collypan-Produkt nicht für trockene Augen geeignet, sondern nur für gereizte oder stark beanspruchte.
Die Hersteller von Omega-3-Präparaten schreiben, sie würden nicht dafür werben, dass diese gegen trockene Augen helfen. Laut Alcon lässt die trübe Sicht bei Systane und Lacryvisc schnell nach. Dies schreibt auch Ursapharm zu Hylo-Gel. Aus technischen Gründen lasse sich nicht jede Rezeptur ohne Konservierungsmittel anbieten. Vita-POS wirke, weil Retinol auch ein natürlicher Bestandteil des Tränenfilms sei und diesen verbessere. Bausch und Lomb sagt, Salben mit Vitamin A würden in Standardwerken empfohlen. Sicherheit und Wirksamkeit seien durch die Arzneimittelbehörde bestätigt worden.
Das tut trockenen Augen gut
- Machen Sie am Bildschirm Pausen und blinzeln Sie.
- Lüften Sie regelmässig.
- Meiden Sie Zigarettenrauch und Durchzug.
- Verwenden Sie möglichst wenig Augenkosmetik.
- Legen Sie fünf bis zehn Minuten lang warme Kompressen auf die geschlossenen Augen.