Der junge Mann habe über Brechreiz geklagt und über heftige Bauchschmerzen, berichtet Hugo Kupferschmidt vom Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrum. Schliesslich habe man den Patienten notfallmässig ins Spital einliefern müssen. Seine Magenschleimhaut sei stark entzündet gewesen, eine Woche habe er im Spital verbringen müssen. Die Ursache der Beschwerden: Der Patient hatte MMS geschluckt.
Das Kürzel steht für «Miracle Mineral Supplement». Dabei handelt es sich um eine wässrige Lösung, die 30 Prozent Natriumchlorit enthält. Zusammen mit Zitronensäure bildet sich Chlordioxid – ein Bleich- und Desinfektionsmittel, vergleichbar mit Javelwasser. Die Einnahme von MMS kann zu Atemnot, Erbrechen, Bauchkrämpfen oder Durchfall führen. Kupferschmidt warnt: «Ab einer gewissen Dosis ist MMS lebensgefährlich.» Der Arzt kennt weitere Fälle.
MMS ist ein neues «Wundermittel» aus der Esoterik- und aus der Fitnessszene. Angeblich regt es das Muskelwachstum an und bekämpft Krankheiten wie Aids, Krebs, Alzheimer und Arthrose. Dies behauptet der Amerikaner und frühere Scientologe Jim Humble in seinem Buch «The Miracle Mineral Solution of the 21st Century». Studien dazu gibt es nicht. Doch seit der Veröffentlichung schlucken Humble-Jünger auf der ganzen Welt die Substanz.
Humbles Spuren führen auch in die Schweiz. Zentrale Figur: Roberto Kistler aus Oberrohrdorf AG. Er brüstet sich damit, von Humble als «Gesundheitsminister» ausgebildet worden zu sein. In der Schweiz ist der Verkauf von MMS als Heilmittel verboten. Deshalb bietet Kistler auf www.mms-schweiz.ch Infos und Seminare an. Dort listet er auch Dutzende von Krankheiten auf und Protokolle, wie MMS und vergleichbare Substanzen Krankheiten heilen könnten. Unter Robertos.ch gehts dann zur Sache. Dort verkauft Kistler die Chemikalien zu den Behandlungsprotokollen unter dem Motto «für mehr Lebensqualität». Beispiel: reine Chlordioxid-Lösung aus Eigenproduktion für 35 Franken pro Deziliter.
Für den Juristen Alfred Jost vom Büro Pharmalex in Bern macht Kistler sich strafbar, weil er ein nicht zugelassenes Arzneimittel verkauft. «Es ist schon verboten, das Produkt so zu bewerben» so Jost. Denn die Art und Weise, wie Kistler die Chlordioxid-Lösung im Internet präsentiere, lasse eindeutig darauf schliessen, dass es sich um ein Arzneimittel handle.
Zurzeit prüfen die Aargauer Behörden zusammen mit Bundesbehörden die Internetseiten. Die Aargauer Kantonsapothekerin nahm nicht Stellung, weil es sich um ein laufendes Verfahren handle. Kistler sagte dem Gesundheitstipp nur: «Es ist erlaubt, Chlordioxid als Chemikalie zu verkaufen.»
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