Bis zu 11 000 Tampons oder Binden benutzt eine Frau in ihrem Leben. Das hat das Netzwerk Women Engage for a Common Future (WECF) ausgerechnet, das sich für Frauenanliegen und die Umwelt einsetzt. Wer als Frau mithelfen will, den Abfallberg zu reduzieren, stösst dabei rasch auf Mens-Slips. Die Menstruationsunterhose lässt sich waschen und wiederverwenden. Und sie hat den Vorteil, dass man keinen Fremdkörper in die Scheide einführen muss.
Doch auch die praktische Periodenunterwäsche ist nicht perfekt, wie Tests zeigen. Zwei spezialisierte Labors untersuchten im Auftrag des Gesundheitstipp zwölf Produkte. Ergebnis: In sechs davon konnten sie die heiklen Stoffe Silberchlorid und Nonylphenolethoxylat (NPEO) nachweisen.
Ethoxylat kommt in der Textil- und Lederindustrie häufig als Reinigungsmittel zum Einsatz. In der EU ist es verboten. Wenn Kleider davon mehr als 100 Milligramm pro Kilo enthalten, darf man sie nicht verkaufen. Die Mensunterwäsche der Marke «Glad» lag nur knapp unter diesem Grenzwert: Sie enthielt 99,8 Milligramm pro Kilo. Die Slips von Sloggi waren auch mit dem Stoff belastet, enthielten aber deutlich weniger: 5,5 Milligramm pro Kilo.
In allen anderen Produkten konnten die Labors das Ethoxylat nicht nachweisen. Dieses gelangt während des Waschens ins Wasser und damit in die Umwelt. Laut dem Schweizer Bundesamt für Umwelt wird der Stoff in Kläranlagen nur unvollständig abgebaut. Es entstehen dabei Substanzen, die ähnlich wirken wie das weibliche Geschlechtshormon Östrogen. Wenn sich solche Stoffe in Fischen anreichern, kommt es zu Missbildungen in den Geschlechtsorganen.
Einsatz von Silberchlorid in Textilien umstritten
In fünf von zwölf Slips fanden die Labors Silberchlorid. Hersteller arbeiten es in das Textil ein, um die Vermehrung von Bakterien zu hemmen. Doch der Stoff ist umstritten. Das deutsche Bundesumweltministerium hält den Einsatz in Textilien «nicht für sinnvoll». Man könne nicht ausschliessen, dass das Silberchlorid zu Hautreaktionen führe, die Bakterienflora im Intimbereich beeinträchtige oder gar resistente Bakterien fördere.
Auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung sieht den Einsatz biozider Substanzen in direktem Hautkontakt kritisch, solange keine Bewertung der gesundheitlichen Risiken und der Wirksamkeit durchgeführt wurde.
Stoffe, die Bakterien hemmen, sind in Unterwäsche nicht nötig. Wenn man die Slips mit gewöhnlichem Waschpulver bei 60 Grad wäscht, tötet man Bakterien, aber auch Pilzsporen ab. Allerdings: sieben Mens-Slips im Test darf man laut den Herstellern nur bei 30 Grad Celsius waschen, vier weitere bei 40 Grad. Der Grund: Mens-Slips bestehen aus verschiedenen Schichten aus Baumwolle, Plastikfasern und Polyurethan.
Dieser Materialmix ist hitzeempfindlich. Das ist hygienisch heikel, denn die Periodenslips bilden laut Experten beim Tragen eine feuchtwarme Kammer, die ein idealer Nährboden für Pilze ist (Gesundheitstipp 10/2022). Gemäss Studien der Universität Rhein-Waal aus Deutschland und der Amerikanischen Gesellschaft für Mikrobiologie reichen Waschtemperaturen von unter 60 Grad nicht aus, um Bakterien, Viren und Pilze sicher zu entfernen.
Bei niedrigeren Waschtemperaturen sollte man deshalb zumindest ein Waschmittel mit Bleichmittel verwenden. Viele Hersteller geben aber in den Pflegeanweisungen an, dass man keine Waschmittel mit Bleichmittel verwenden sollte.
Der Hersteller von Selenacare schreibt, man könne seine Mens-Slips auch bei 60 Grad waschen. Das schädige jedoch das Material stärker. Eigene Tests hätten gezeigt, dass in Slips ohne Silber zwar mehr Bakterien wachsen würden. Diese seien jedoch nicht schädlich. Deshalb will Selenacare künftig mehr Slips ohne Silber produzieren.
Smoon scheibt, man solle die Slips bei 30 Grad waschen. Damit könne man einen Beitrag zum Energiesparen leisten. Das verwendete Silbergarn gebe keine Partikel ab, die besonders schädlich seien.
Der Hersteller der Marke Glad, Akos Santé, sagt, er habe eigene externe Laboranalysen in Auftrag gegeben. Dabei seien ebenfalls NPEO-Rückstände festgestellt worden. Die Menge liege aber deutlich unter dem Wert des Gesundheitstipp. Das vom Gesundheitstipp beauftragte Labor hatte den Stoff in der Spitze und den Bündchen der Glad-Slips gefunden.
Hersteller Kora Mikino schreibt, dass er vom Silberfund überrascht sei. Seit März 2022 verkaufe man keine silberhaltigen Slips mehr.
Fast alle Hygieneartikel enthalten Kunststoffe
Es ist unklar, welches Hygieneprodukt am nachhaltigsten ist. Das Netzwerk WECF schreibt in seiner Broschüre «Giftfreie Menstruation», dass Einwegbinden mit Saugkernen aus Plastik die Umwelt am stärksten belasten. Tampons seien da verträglicher, besonders wenn sie ganz aus Bio-Baumwolle bestehen. Wiederverwendbare Menstruationstassen sind laut WECF bei langem Gebrauch am ökologischsten. Waschbare Binden und Mens-Slips seien nur empfehlenswert, wenn sie aus Bio-Fasern bestehen und man sie bei 60 Grad waschen könne.
Fast alle Hygieneprodukte für die Menstruation enthalten Kunststoffe. Wäscht man wiederverwendbare Produkte, die Plastik enthalten, gelangt Mikroplastik in die Umwelt und reichert sich dort an. Daraus bestehen die verschiedenen Menstruationsprodukte:
- Binden: Wegwerfbinden sind aus mehreren Schichten hergestellt. Häufige Materialien sind Baumwolle und Zellulose, aber auch Plastik wie Polyethylen, Polyester oder Polypropylen. Waschbare Binden bestehen meist aus Baumwolle und einer Schicht aus Polyurethan. Sie verhindert das Auslaufen von Blut bei starker Menstruation.
- Tampons: Sie bestehen oft aus einem Saugkern aus Zellulose, umhüllt von Baumwolle oder Kunststoffen wie Polyethylen oder Polypropylen. Der Faden besteht oft ebenfalls aus Kunststoff.
- Menstruationstassen: Man stellt sie aus medizinischem Silikon oder Kautschuk her.
- Mens-Slips: Bestehen aus einem Materialmix aus Baumwolle, manchmal Bambusfasern und Zellulose – aber auch Kunststoffen wie Polyurethan, Elasthan, Polyester, Polyamiden und Polyethylen.
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So hat der Gesundheitstipp getestet
Zwei Prüfinstitute in Deutschland und in der Türkei untersuchten für den Gesundheitstipp elf waschbare Periodenslips und eine Wegwerfvariante auf folgende Schadstoffe:
- Silberchlorid: Hersteller setzen Silberchlorid in Textilien ein, um das Wachstum von Bakterien zu hemmen. Auch Kosmetika, Raumsprays und Wasserdesinfektionsmittel können den Stoff enthalten.
- Nonylphenolethoxylat: Dabei handelt es sich um Rückstände aus der Textilproduktion, die beim Waschen in die Umwelt gelangen können. Behörden stufen die Chemikalien als «stark wassergefährdend» ein.
- Zinnorganische Verbindungen: Auch diese Stoffe sollen Bakterien und Pilze bekämpfen. Laut dem Schweizer Bundesamt für Umwelt können sie das Hormonsystem von Mensch und Tier stören. Das Labor konnte in keinem der Mens-Slips solche Stoffe nachweisen.
- Phtalate: Diese Stoffe machen Kunststoffe flexibel. Sie sind in vielen Alltagsgegenständen zu finden. Gemäss Schweizer Bundesamt für Gesundheit können die Weichmacher aus den Kunststoffen entweichen und in die Nahrung, ins Trinkwasser oder auf die Haut gelangen. Tierversuche zeigten, dass Phtalate den Hormonhaushalt stören und die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen. Kein Produkt im Test enthielt nachweisbar Weichmacher.
- Perfluorcarbone: Diese Chemikalien sollen Textilien wasserdicht und schmutzabweisend machen. Die Stoffe bauen sich in der Umwelt kaum ab und können sich im Körper anreichern. Laut dem deutschen Umweltbundesamt können Carbone das Immunsystem stören und das Risiko für Infektionen erhöhen. Kein geprüfter Mens-Slip enthielt Perfluorcarbone.