Einmal blieb meiner Tochter ein Stück Bratwurst in der Speiseröhre stecken. Wir mussten sofort ins Spital, damit die Ärzte dieses Stück herausfischen konnten. Ladina fehlte bei der Geburt ein Stück der Speiseröhre. Noch heute ist ihre Speiseröhre so eng, dass ich das Essen für sie immer zerkleinern muss. Und doch ist es eine Freude für meinen Mann und mich, dass sie mittlerweile überhaupt selber essen kann.
Bereits in der 24. Schwangerschaftswoche hatte es Anzeichen dafür gegeben, dass eines meiner beiden Zwillingsbabys das Fruchtwasser nicht schluckte. Bei weiteren Untersuchungen äusserten Ärzte den Verdacht, dass das Baby eine Fehlbildung der Speiseröhre haben könnte. Zwei Monate vor dem Termin mussten die Ärzte die Babys mittels Kaiserschnitt herausholen.
Ladina wog knapp 1 Kilo und ihr Bruder Leandro nicht viel mehr. Bei ihr stellten die Ärzte fest, dass die Speiseröhre komplett unterbrochen war. Ladina erhielt sofort eine Magensonde, da sie wegen des fehlenden Stücks Speiseröhre keine Nahrung zu sich nehmen konnte.
Meine Tochter hatte eine seltene Form dieser Fehlbildung: einen Unterbruch der Speiseröhre, ohne dass die Luftröhre davon betroffen war. Als sie sechs Wochen alt und etwas kräftiger war, riskierte der Kinderchirurg die fünfstündige Operation und nähte die beiden Enden der Speiseröhre zusammen. Mein Mann und ich bangten mehrere Tage um ihr Leben. Ladina musste nach der Operation künstlich beatmet werden. Wir standen enorme Ängste aus.
Als wir Ladina kurz nach Weihnachten nach Hause nehmen durften, war das unser grösstes Geschenk. Ein Jahr später musste sie nochmals zwei Wochen ins Spital, weil sie an starkem Reflux litt. Die Ärzte mussten den Mageneingang operieren. Sie erholte sich aber schnell. Bei einer Logopädin lernte sie sorgfältig zu kauen und zu schlucken. Ladina isst aber heute immer noch zu wenig. Weil sie seit ihrer Geburt alle paar Stunden sondiert wurde, kennt sie kein Hungergefühl. Damit sich die Essenslust entwickelt, bekommt Ladina seit letztem Sommer weniger Sondennahrung.
Durch das Zusammennähen der Speiseröhre entstand eine Narbe, die zu einer Verengung führte. Damit die Speisen nicht steckenbleiben, muss die Narbe unter Vollnarkose ausgedehnt werden. Bis Ladina zwei Jahre alt war, musste sie alle zwei bis drei Monate in die Klinik. Heute reicht eine Kontrolle alle sechs Monate und die Ausdehnung findet ambulant statt.
Ein grosser Vorteil ist, dass Ladina nicht alleine aufwächst. Ihr Bruder Leandro ist ein gutes Vorbild, das sie oft nachahmt. Einmal in der Woche besuchen die beiden eine Bauernhof-Spielgruppe und im Herbst dürfen sie bereits in den Kindergarten. Wir sind sehr glücklich, dass Ladina schon grosse Fortschritte gemacht hat.
Wenn die Speiseröhre unterbrochen ist
Rund 1 von 3500 Kindern kommt mit einer Speiseröhrenfehlbildung zur Welt. Fachleute sprechen von Ösophagusatresie. Das heisst: Die Speiseröhre ist unterbrochen oder so stark verengt, dass der Magen keine Nahrung aufnehmen kann. Der Eingriff muss häufig sofort nach der Geburt erfolgen, damit das Baby überleben kann. Betroffene müssen oft mehrmals operiert werden. Einige Kinder können jahrelang nicht richtig essen.
Info und Betreuung
Schweizerische Hilfsorganisation für Kinder und Erwachsene mit kranker Speiseröhre, 9000 St. Gallen, Tel. 071 891 21 56, info@oa-switzerland.ch, www.oa-switzerland.ch