Schon in der Schulzeit litt Beate Solleder an Rückenschmerzen. «Mein Rücken sah verkrümmt aus», erinnert sie sich. Kollegen erzählten der 43-jährigen Zürcherin von der Alexander-Technik. Seither geht sie einmal pro Woche in die Therapiestunde.
Mit sanften Handgriffen und Berührungen hilft die Therapeutin ihr, sich zu entspannen, falsche Bewegungsmuster zu erkennen und die Körperhaltung zu verbessern. Zur Therapie gehören Übungen, die man selbst machen kann (siehe Merkblatt). Beate Solleder findet die Therapie sehr angenehm: «Ich kann mich gut entspannen und loslassen. Meine Haltung wurde sichtbar besser.» Und ihre Rückenschmerzen seien fast vollständig verschwunden.
Eine Übersichtsstudie der Universität in York (GB) mit 670 Patienten zeigt: Die Alexander-Technik bekämpft chronische Rückenschmerzen erfolgreich. Der Rheuma-Arzt Hans Dieter Hüllstrung aus Liestal BL sagt: «Die Idee dieser Methode überzeugt mich.» Die Alexander-Technik helfe Patienten, unbewusste Fehlhaltungen zu vermeiden und sich auf gesunde Weise zu bewegen.
Rückenschmerzen sind oft schwierig zu behandeln. Kein Wunder, wird das Angebot an alternativen Therapien immer grösser. Der Nutzen der meisten Methoden ist nicht wissenschaftlich belegt. Ein Vergleich des Gesundheitstipp zeigt: Die Alexander-Technik, die Feldenkrais-Methode und die Spiraldynamik gehören zu den empfehlenswerten Therapien (siehe Tabelle im PDF). Die Feldenkrais-Lehrer zeigen den Patienten, wie sie ihre Körperhaltung und ihre Bewegungen verbessern können. Hans Dieter Hüllstrung sagt: «Viele meiner Patienten haben damit gute Erfahrungen gemacht.»
Neue Bewegungsmuster lernen mit Spiraldynamik
Die Spiraldynamik-Therapeuten gehen davon aus, dass Muskeln, Bänder und Sehnen spiralförmig angeordnet sind. Deshalb bringen sie den Patienten bei, sich in natürlichen Spiralformen zu bewegen. Der Zürcher Sportarzt Christoph Reich sagt, die Theorie wirke «etwas gar dogmatisch». Dennoch könne die Spiraldynamik die Patienten beim Lernen neuer Bewegungsmuster unterstützen.
Patient Andreas Graf aus Zürich machte gute Erfahrungen mit Rolfing. Nach langen Tagen im Büro litt er an so starken Rückenschmerzen, dass er nicht schlafen konnte. Sein Vater gab ihm den Tipp, Rolfing zu probieren. Die Therapeuten versuchen, das verhärtete Bindegewebe, die sogenannten Faszien, zu lösen, um die Körperhaltung zu verbessern. Das habe ihm sehr geholfen, sagt der 40-Jährige: «Die Rückenschmerzen sind völlig verschwunden.» Die Experten bewerten Rolfing als «bedingt empfehlenswert». Der Arzt Hans Dieter Hüllstrung sagt, es könne bei ausgeprägten Verspannungen helfen. Doch es fördere die Aktivität der Patienten zu wenig.
Auch andere Methoden wie Biokinematik, Dorn-Breuss-Therapie, Kinesiologie und Liebscher & Bracht-Schmerztherapie sind laut den Experten «bedingt empfehlenswert». Der Sportarzt Christoph Reich sagt, die Biokinematik könne durchaus einen Beitrag zur Behandlung von Rückenschmerzen leisten. Auch die Liebscher & Bracht-Therapie habe einzelnen seiner Patienten geholfen. Die Werbeversprechen seien aber «weit überzogen».
Der Verband für Rolfing & Strukturelle Integration Schweiz, die Firma Biokinematik GmbH und der Dorn-Verband Schweiz räumen ein, dass der wissenschaftliche Beweis für den Nutzen ihrer Therapien aussteht. Sie hätten sich aber in der Praxis bewährt. Der Rolfing-Verband sagt, Rolfing sei eine «hervorragende» Methode, um Patienten zu aktivieren. Die Patienten könnten das Rolfing teilweise als «intensiv» empfinden, dies sei aber ein Zeichen für eine positive Veränderung. Der Dorn-Verband Schweiz erklärt, die Dorn-Breuss-Therapie könne den Patienten nicht schaden, denn die Therapeuten würden «mit relativ leichtem, konstantem Druck» arbeiten.
«Geringes Risiko für seelische Überforderung»
Der Schweizerische Feldenkrais-Verband sagt, das Risiko für eine seelische Überforderung der Patienten sei gering. Bei schweren psychischen Störungen sei die Methode nicht geeignet. Roland Liebscher-Bracht räumt ein, seine Methode sei noch zu wenig erforscht. Um das zu ändern, habe er eine Forschungsplattform gegründet. Eine erste Studie habe im vergangenen Jahr den Nutzen seiner Therapie bei Patienten mit Knieschmerzen bewiesen. Die Studie umfasste aber nur 20 Patienten.
Neuer Ratgeber
Ende Juni erschien der vollständig überarbeitete Gesundheitstipp-Ratgeber Alternative Heilmethoden (191 Seiten, 27 Franken).
Darin vorgestellt werden über 90 alternative Behandlungsmethoden – von der Schmerztherapie über die Homöopathie bis zur Pflanzenmedizin und der Akupunktur. Der Ratgeber zeigt auf, wie wissenschaftlich gut belegt die Wirksamkeit der Methoden sind – und wo ihre Grenzen liegen.
Zu bestellen mit dem Talon auf Seite 34, im Internet auf www.gesundheitstipp.ch oder per Tel. 044 253 90 70.
Gratis-Merkblätter:
Die Gesundheitstipp-Merkblätter «Alexander-Technik: Sieben Übungen gegen Rückenschmerzen», «Yoga gegen Rückenschmerzen» und «Zehn Übungen für einen gesunden Rücken» zeigen Ihnen, was Sie selbst machen können gegen Rückenschmerzen.
Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder zu bestellen bei:
Gesundheitstipp, «Alexander», «Yoga» oder «Übungen», Postfach, 8024 Zürich.