«Auf neueren Fotos gefalle ich mir meist nicht. Besonders wenn ich darauf lache. Dann habe ich das Gefühl, mein Gesicht verziehe sich zu einer Fratze. Das ist etwas vom Schlimmsten für mich. Die Ärzte können mir nicht sagen, ob es besser wird. Das ist schwierig zu akzeptieren.
Ich hatte Gürtelrose im Gesicht, ausgelöst durch das Herpes-Zoster-Virus. Mein Gesicht war halbseitig gelähmt, und noch immer reagiere ich sehr empfindlich auf Reize von aussen. Mein Leben ist ein völlig anderes als noch vor zwei Jahren. An manchen Tagen halte ich das Vibrieren im Bus nicht aus, und es nervt mich, dass in jedem Laden Musik läuft. Früher wäre mir das nicht einmal aufgefallen.
Alles fing mit Grippesymptomen an. Ich hatte starke Kopfschmerzen, und mir war so schwindlig, dass mich mein Mann in den Notfall fuhr. Doch die Ärzte im Spital schienen nicht alarmiert. Am nächsten Tag kam noch ein Ausschlag im Gesicht dazu. Doch auch meine Hausärztin meinte, ich solle mich erst einmal zu Hause ausruhen. Am Abend bemerkte mein Mann, dass meine rechte Gesichtshälfte merkwürdig nach unten hing. Beim Blick in den Spiegel erschrak ich. Also fuhren wir wieder ins Spital, und dieses Mal erhielt ich die Diagnose.
Über Monate war ich krankgeschrieben. Ich war nicht in der Lage, das Haus in Schuss zu halten, und auch um meine damals vierjährige Tochter konnte ich mich nicht kümmern. Meine Kopfhaut war so empfindlich, dass ich die Haare nur bürsten konnte, wenn ich Schmerzmittel einnahm. Nachts wusste ich nicht, wie ich meinen Kopf aufs Kissen legen sollte. Auch zum Duschen brauchte ich Schmerzmittel, weil sich jeder Wasserstrahl auf dem Kopf wie ein Messerstich anfühlte. Zum Glück bekam ich sehr viel Hilfe. Ich erinnere mich, wie ich jeweils mit einem Pamir-Gehörschutz im Keller sass, wenn oben jemand für mich staubsaugte.
Auch heute gehe ich nie ohne Ohrenschutz und Augentropfen aus dem Haus. Wenn es zu laut ist, wird mir schlecht, und in meinem Kopf verkrampft sich alles. Da mein Auge manchmal nicht ganz schliesst, muss ich es mit Augentropfen feucht halten, damit es nicht austrocknet.
Zwar bin ich heute schmerzfrei, aber vieles geht nicht mehr. Das sind teilweise kleine Sachen, wie mit einem Strohhalm trinken, pfeifen oder einen Ballon aufblasen. Auch mein Hobby, Kornett spielen, musste ich aufgeben, weil meine Lippen die Spannung nicht mehr halten können. Nach über 20 Jahren als Primarlehrerin musste ich mich umschulen lassen. Im Klassenzimmer war es mir einfach zu laut, und es war zu viel los. Mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, überfordert mich. Trotzdem will ich nicht dem nachtrauern, was nicht mehr geht. Inzwischen sehe ich es sogar als Chance, mich neu zu orientieren.
Meine sozialen Kontakte sind sehr eingeschränkt. Ich muss meine Aktivitäten einteilen, damit ich den Tag durchbringe. Gleichzeitig probiere ich immer wieder etwas aus, um zu sehen, ob ich es ertrage. Und wenn ich dann mal wieder mit Freundinnen unterwegs war und deswegen am nächsten Tag nicht mit Kopfschmerzen im Bett liege, gibt mir das ein tolles Gefühl. Dann weiss ich: Es kann besser werden.»
Gürtelrose: Schmerzhafte Ausschläge
Gürtelrose führt zu schmerzhaften Ausschlägen am Rumpf oder im Gesicht. Ursache ist das gleiche Virus, das auch Wilde Blattern auslöst. Nach einer Infektion schlummert es lebenslang im Körper und kann immer wieder ausbrechen. Hilfreich sind Medikamente, die das Vermehren des Virus unterdrücken, oder auch Schmerzmittel. Es gibt zudem zwei Impfungen gegen Gürtelrose: Zostavax und Shingrix. Unabhängige Fachleute empfehlen sie aber nur Menschen mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen. Dazu gehören Leute mit einem geschwächten Immunsystem oder solche, in deren Familie Gürtelrose häufiger auftritt.