Frau Hennecke, fürs neue Jahr nehmen sich viele Leute vor, mehr Sport zu treiben. Wie gross ist die Chance auf Erfolg?
Leider nicht so gross. Untersuchungen haben gezeigt, dass rund 60 Prozent der guten Vorsätze scheitern.
Also braucht man es gar nicht erst zu versuchen?
Doch, auf jeden Fall. Immerhin schaffen es 40 Prozent, ihren guten Vorsatz auch langfristig in die Tat umzusetzen. Wichtig ist, dass man es richtig anpackt.
Wie macht man das?
Der Vorsatz soll so konkret wie möglich sein. Zum Beispiel: Nächstes Jahr mache ich zweimal pro Woche eine Stunde Sport. Ich gehe jeweils am Dienstag und Freitag ins Fitnessstudio nebenan. Es nützt nichts, wenn man bloss sagt: Ich mache nächstes Jahr mehr Sport. Das ist viel zu unbestimmt.
Und woher nimmt man die Motivation, wenn man eigentlich gar keine Lust hat?
Eine wesentliche Motivation ist das Ziel, das man sich setzt. Das kann vieles sein, etwa abzunehmen, Muskeln aufzubauen oder – vor allem bei etwas älteren Menschen – Krankheiten wie Herzinfarkt oder Demenz vorzubeugen.
Spielt es eine Rolle, welchen Sport man wählt?
Nein. In erster Linie soll es eine Sportart sein, auf die man Lust hat. Die einen mögen es, sich mit anderen zu messen. Dann eignet sich ein Wettkampfsport. Andere gehen lieber entspannt und ohne Erfolgsdruck Joggen oder Langlaufen. Wichtig ist auch, dass man das Training möglichst unkompliziert in den Alltag einbauen kann.
Wieso lässt man das Training dennoch irgendwann schleifen?
Das passiert, wenn man sich nicht auf die Schwierigkeiten vorbereitet hat. Man sollte sich von Anfang an bewusst machen, wo es Probleme geben könnte. Etwa, wenn man viel Stress bei der Arbeit hat, müde ist oder das Wetter schlecht ist.
Was nützt es, darüber nachzudenken?
Man kann sich darauf vorbereiten und eine Strategie überlegen. Zum Beispiel: Wenn mich die Freundin an meinem Fitnessabend ins Kino einlädt, gehe ich stattdessen auf jeden Fall am nächsten Tag ins Training.
Und wenn man trotzdem scheitert?
Das ist nicht schlimm. Man hat ja immer die Möglichkeit, wieder neu anzufangen – am besten schon am nächsten Tag. Zudem lernt man, für welche Hindernisse man eine Strategie entwerfen muss.
Wann ist man am Ziel?
Wenn man nicht mehr darüber nachdenkt, ob man nun morgens mit dem Velo ins Büro fährt oder nicht. Dann ist das Training ein selbstverständlicher Teil des Lebens geworden.
Zur Person: Marie Hennecke
Die Psychologin an der Universität Zürich befasst sich seit Jahren damit, wie man sich zu gesundem Verhalten motiviert. Wer bei einer Studie zum Thema Sport und Motivation mitmachen möchte, meldet sich unter m.hennecke@psychologie.uzh.ch
Tipps - Die ersten Schritte zu mehr Fitness
- Treiben Sie zwei- bis dreimal pro Woche mindestens eine halbe Stunde Sport.
- Wählen Sie eine oder mehrere Sportarten, die Ihnen Spass machen.
- Machen Sie einen Wochenplan für Ihr Training und halten Sie diesen ein.
- Überlegen Sie vorher, was Sie hindern könnte und wie Sie darauf reagieren.
- Überfordern Sie sich nicht. Wichtig ist die Freude an der Bewegung.
- Treffen Sie sich mit andern zum Training. Das schafft sanften Druck.