Mein Kopf fühlt sich an wie ein Karussell. Sobald ich ihn bewege, dreht sich alles. Es wirkt, als ob mir der Boden unter den Füssen wegrutschen würde. Oft ist der Schwindel so stark, dass ich mich hinsetzen muss. Auch beim Treppensteigen kommt das vor.
Schuld daran ist ein Skiunfall, den ich vor einem Jahr in Adelboden hatte. Ich fuhr auf der roten Piste. An einer Stelle kreuzte sie sich mit der schwarzen Piste. Von dort kam ein junger Skifahrer in hohem Tempo. Er rammte mich von hinten. Ich schlug mit dem Kopf auf und wurde sofort bewusstlos. Erst im Spital kam ich wieder zu mir. Ein Rettungshelikopter hatte mich hingeflogen.
Die Spitalärzte glaubten, ich hätte nur einen Schädelbruch, und behandelten mich entsprechend. Doch daheim stellte ich fest, dass ich weitere Beschwerden hatte: Mein Arm schmerzte, ich konnte nicht gut atmen und hatte jeden Tag Kopfschmerzen. Einen Monat nach dem Unfall wurden sie unerträglich. Der Hausarzt wies mich gleich in unser Spital ein. Der Notarzt stellte eine Hirnblutung fest, die man sofort operieren musste. Ausserdem hatte ich einen gebrochenen Arm und eine verletzte Lunge. All dies hatte man im ersten Spital nicht erkannt. Froh bin ich, dass ich beim Skiunfall einen Helm trug. Sonst wäre es wohl noch schlimmer.
Seit dem Unfall bin ich nicht mehr der Mensch, der ich vorher war. Ich habe ständig Schmerzen. Auch dort, wo der Schädel gebrochen war. Medikamente will ich aber keine nehmen. Ich kämpfe mich lieber durch. Meine Persönlichkeit und meine Gefühle haben sich verändert. Ich bin zum Beispiel schneller reizbar und beharre auf meinen Meinungen. Das bekommt mein Umfeld zu spüren, am meisten meine Partnerin. Es gibt auch Missverständnisse, weil ich seit der Hirnblutung das richtige Wort oft nicht finde. Manchmal kann ich mich nicht mehr korrekt ausdrücken und die Leute verstehen mich falsch. Das strengt mich an und ist frustrierend.
Trotzdem versuche ich, die Folgen des Unfalls zu akzeptieren. Zudem höre ich mehr auf den Körper und vermeide Stress. Ich stellte meine Ernährung um und esse gesünder. Kauen ist aber schwieriger geworden: Weil sich durch den Unfall mein Kiefer verschoben hat, beisse ich mir dabei oft in die Wangen.
Ich bewege mich täglich an der frischen Luft, egal, ob es regnet oder kalt ist. Wenn ich müde bin, gönne ich mir Ruhe. Ich arbeite 30 Prozent als Vertreter. Das ist ein Glück, so kann ich die Arbeitszeit frei einteilen. Der andere Skifahrer blieb wie durch ein Wunder unverletzt. Ich mache ihm keinen Vorwurf. Schliesslich fuhr auch ich sehr schnell. Er kam mich einmal im Spital besuchen, das rechne ich ihm hoch an.
Bei jedem siebten Skiunfall ist der Kopf betroffen
In der Schweiz verunfallen jedes Jahr 60000 Skifahrer. Die meisten Betroffenen verletzen sich am Knie (40 Prozent). Schultern, Oberarme und Füsse sind ebenfalls gefährdet. Das zeigen die Zahlen der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU). Bei jedem siebten Unfall verletzt sich jemand am Kopf. Das ist besonders gefährlich, weil das Gehirn Schaden nehmen kann. Die BfU rät, die Skibindung jedes Jahr überprüfen zu lassen, immer einen Helm zu tragen und nur so schnell zu fahren, dass man auf Sichtweite abbremsen kann. BfU-Sprecherin Mara Zenhäusern sagt: «Bei Kreuzungen auf Pisten gibt es keine Vortrittsregeln.» Man sollte daher immer abbremsen und sich miteinander verständigen, wer zuerst fährt.
Hilfe und Infos:
- Beratungsstelle für Unfallverhütung. Tipps für sicheres Skifahren gibts unter Bfu.ch.
- Fragile Suisse, Beratungsstelle für Menschen mit Hirnverletzung: Fragile.ch