An erster Stelle kommt mein Kind. Arian ist 17 Monate alt. Es ist mir wichtig, dass ich ihn vielseitig ernähren kann. Ich selbst esse bescheiden, meistens Nudeln und etwas Gemüse. Fleisch gibt es nur an Festtagen. Zum Glück wohne ich an der Grenze und kann in Deutschland günstiger einkaufen. Unsere Kleider kaufe ich aus zweiter Hand, entweder im Internet oder im Brockenhaus. Gerade in der Weihnachtszeit sehe ich in den Geschäften viele Spielsachen, die ich dem Kleinen kaufen möchte. Doch ich muss dann einsehen, dass mein Budget dafür nicht reicht. Ich kann nur das Allernötigste kaufen. Trotzdem sind wir glücklich. Solange ich gesund bin und arbeiten kann, fühle ich mich nicht arm.
Ich wuchs in einfachen Verhältnissen auf und bin es gewohnt, sparsam zu leben. Doch seit ich ein Kind habe, reicht mein Geld nicht aus. Ich putze hauptsächlich in Privathaushalten. Deshalb ist mein Einkommen unterschiedlich. In der Regel komme ich monatlich auf rund 2000 Franken und 200 Franken Kinderzulage. Die Wohnungsmiete kostet 1090 Franken.
Einen Kinderhort für meinen Sohn kann ich mir nicht leisten. Mein Freund, der Vater von Arian, passt auf ihn auf, wenn er Zeit hat. Manchmal hütet auch eine gute Freundin. Für die Krankenkasse zahle ich dank Prämienverbilligung nur 75 Franken pro Monat. Obwohl der Kleine gesund ist, belaufen sich Arztkosten für nötige Untersuchungen und Impfungen schnell einmal auf 200 Franken. Kritisch wird es, wenn der Vermieter mit der Abrechnung zusätzliche Heizkosten verlangt. Das kostet mich rund 400 Franken jährlich. Ich habe täglich Angst, dass etwas Unvorhergesehenes passieren könnte. Schon jetzt stapeln sich manchmal die Mahnungen. Gelegentlich leiht mir mein Freund etwas. Oder ich muss warten, bis ich einen zusätzlichen Einsatz habe, zum Beispiel Fenster putzen.
Mein Freund arbeitet ebenfalls in der Reinigungsbranche und verdient wenig. Deshalb wohnt er bei seinen Eltern. In meiner Zweizimmer-Wohnung haben wir keinen Platz mehr für uns beide. Arian muss vorläufig in meinem Bett schlafen, da das Kinderbett inzwischen zu klein für ihn ist und ein zweites grosses Bett keinen Platz hat. Es macht mich traurig, dass ich meinem Sohn nicht mehr bieten kann. Gerne würde ich mit ihm in den Zoo oder reisen, damit er andere Städte kennenlernt. Aber das geht leider nicht.
Im Sommer und über Weihnachten besuche ich jeweils meine Eltern in der Slowakei für zwei Wochen. Bevor Arian auf der Welt war, reiste ich mit dem Billig-Bus. Jetzt bringt und holt uns mein Freund. Er kann nicht bleiben, weil er arbeiten muss. Notfalls erledigt er auch meine Aufträge in dieser Zeit.
Weihnachten feiern wir bei meinen Eltern ausgiebig. Ich dekoriere den Baum und helfe in der Küche. Bis 18 Uhr essen wir gar nichts. Aber dann gibt es von allem: einen slowakischen Eintopf, Salat, Fisch, gefüllte Gans, ein Gebäck mit christlichen Motiven und ein feines Dessert. Nach dem Essen kommt die ganze Verwandtschaft zu Besuch. Wir singen zusammen zu den Klängen des Akkordeons, das mein Vater spielt, und tauschen kleine Geschenke aus. Wir sind zufrieden, auch wenn wir nicht viel haben.
Leben in Armut
In der Schweiz gilt jemand als arm, der noch 986 Franken zur Verfügung hat – dies nach Abzug von Miete und Krankenkasse. Armut spielt sich zum grossen Teil im Verborgenen ab. Gemäss Caritas Schweiz gehen die Betroffenen oft trotz Schmerzen nicht zum Arzt, um Kosten zu sparen. Häufig können sie wegen Geldmangel nicht am sozialen und kulturellen Leben teilnehmen. Die unsichere Lebenslage kann eine Person auch psychisch stark belasten.
Hilfe und Info: Caritas Schweiz
Tel. 041 419 22 22
E-Mail: info@caritas.ch