Mit kleinen, schnellen Schritten tänzelt Doris Buser (61) durch den Schärmewald in der Nähe von Bern. Sie läuft aufrecht, mit lockeren Schultern und leicht angewinkelten Knien, die jeden Schritt abfedern. Fast eine Stunde lang ist sie so unterwegs – fünfmal pro Woche.
Busers Sportart heisst Slow-Jogging. Das ist eine sanfte Form des normalen Joggings. Man macht beim Laufen viele kleine Schritte: Ideal sind etwa drei Schritte pro Sekunde. Der Läufer stösst sich dabei nur wenig vom Boden ab und tritt auf dem Mittelfuss auf. Der Körper ist zudem aufrecht und nicht leicht nach vorne geneigt wie beim normalen Jogging.
Beim Slow-Jogging geht es darum, sich intensiv zu bewegen und trotzdem nicht ausser Atem zu kommen. Doris Buser sagt: «Beim Laufen erhöht sich mein Puls, doch nachher fühle ich mich rasch wieder frisch und erholt.» Sie wechselte zum Slow-Jogging, weil sie das normale Joggen nicht mehr vertrug: Ihr linkes Knie schmerzte nach jedem Lauf. «Beim Slow-Jogging kann ich wieder ohne Schmerzen laufen», sagt sie. Die Japaner nennen Slow-Jogging auch «Nikoniko». Das bedeutet so viel wie: mit einem Lächeln laufen.
Fürs Slow-Jogging braucht es keine Joggingschuhe, die an der Ferse erhöht sind. Am besten passen Turnschuhe mit flacher, dünner Sohle.
Auch kleine Schritte bringen Herz auf Touren
Lukas Zahner, Professor für Bewegungswissenschaften an der Uni Basel, sagt: «Slow-Jogging ist vor allem für ältere Leute geeignet.» Es schone die Gelenke, weil die Schrittlänge sehr kurz ist und die Füsse sanft auf dem Boden landen. Zudem stärkt es Muskeln und Ausdauer. Die vielen kleinen Schritte bringen das Herz auf Touren. Das schützt vor Herzkrankheiten oder Diabetes, wie eine japanische Studie mit 70-jährigen Teilnehmern zeigte. Sie joggten während drei Monaten jeweils 90 Minuten pro Woche.
Der Körper verbrennt beim Slow-Jogging fast doppelt so viele Kalorien wie beim Gehen – obwohl man etwa gleich schnell unterwegs ist. Slow-Jogging ist deshalb ein ebenso gutes Ausdauertraining wie Nordic Walking – das zeigt ein Gesundheitstipp-Vergleich von sechs verbreiteten Lauf- und Gehsportarten (siehe Tabelle im PDF). Die Sportwissenschafter Lukas Zahner und Ingo Froböse von der Hochschule Köln bewerteten den Nutzen in Bezug auf Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit. Zudem beurteilten sie die Risiken.
Wer langsam läuft, lebt gesünder
Wer langsam joggt, lebt auf lange Sicht gesünder als Läufer, die sich beim Training voll verausgaben. Das zeigte im Jahr 2015 eine dänische Studie. Wissenschafter des Frederiksberg-Hospitals in Kopenhagen verglichen drei Gruppen mit insgesamt 4000 Leuten: Die einen joggten intensiv, die anderen langsam und die dritte Gruppe trieb keinen Sport. Resultat: Am gesündesten ist es, zwei bis drei Mal pro Woche 30 bis 50 Minuten in gemächlichem Tempo zu joggen. Leute mit diesem Laufstil lebten auch am längsten. Bei den Intensivjoggern war das Sterberisiko hingegen fast so hoch wie bei denjenigen, die sich wenig bewegten.
Wer sich untrainiert fühlt, sollte Slow-Jogging langsam angehen.Trainingsexperte Martin Schwenke aus Freiburg (D) sagt: «Am Anfang geht man am besten abwechslungsweise eine Minute rasch und macht dann eine Minute Slow-Jogging.» Eine Trainingseinheit von 30 bis 60 Minuten genüge.
Auch bei Problemen mit der Achillessehne und den Waden sollte man vorsichtig sein. Sportwissenschafter Lukas Zahner erklärt, wie man Sehne und Waden an die Belastung gewöhnt: «Vor dem Sport sollte man sich locker aufwärmen mit leichtem Hüpfen, nach dem Training locker auslaufen.» Bei Schmerzen rät er, das Training abzubrechen und sich von einer Fachperson beraten zu lassen.
Der Gesundheitstipp-Vergleich zeigt auch: Für die Ausdauer bringt das normale Joggen am meisten.Ingo Froböse: «Ein moderates Ausdauertraining wie Joggen ist für das Herz besser als eine sehr starke Belastung wie beim Berglauf.»
Laufen auf Strecken mit grossen Höhendifferenzen ist nur für trittsichere Leute mit guter Technik und Kondition zu empfehlen. Laut Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser haben Bergläufe aber auch Vorteile: «Sie beanspruchen nicht stets die gleichen Muskelgruppen wie beim Joggen, sondern abwechslungsweise immer wieder andere.»
Wandern braucht einen langen Atem
Auch Nordic Walking ist gut für die Ausdauer. Man marschiert dabei rasch und hält zwei Stöcke mit Schlaufen in den Händen, mit denen man sich vom Boden ab- und vorwärtsstösst. Das stärkt auch Muskeln der Arme und Schultern.
Immerhin genügend schnitt im Fitnessvergleich das Wandern ab. Der Vorteil: Man ist meist viel länger unterwegs als bei den anderen Sportarten. Zudem trainiert man bei Anstiegen die Kondition. Abzüge gibts bei den Risiken: Beim Wandern in unebenem, steilem Gelände drohen Verletzungen. Punkto Fitness kann das gemütliche Gehen mit den anderen Sportarten nicht mithalten: Im Vergleich fördert Spazieren die Ausdauer am wenigsten.
Aufruf: Welche Lauf- oder Gehsportart bevorzugen Sie?
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