Mehrere Augenärzte werben auf ihren Internetseiten mit der «Heidelberg Retina Tomografie» (HRT) – auch in der Schweiz. Unter anderem die Augenärzte Erwin Willa aus Solothurn, Ulrich Lachmund in Pratteln BL und Frick AG sowie Tilo Blechschmidt aus Binningen BL.
Die HRT-Methode solle helfen, grünen Star frühzeitig festzustellen. Diese Augenkrankheit – auch Glaukom genannt – betrifft etwa zwei Prozent der Schweizer. Sie schädigt den Sehnerv und kann in schweren Fällen zum Erblinden führen.
Bei der «Heidelberg Retina Tomografie» erzeugt ein Laserstrahl ein Bild des Sehnervs und soll allfällige Veränderungen sichtbar machen.
Die Grundversicherung bezahlt laut Bundesamt für Gesundheit den Untersuch nur bei «konkretem Krankheitsverdacht». Er kostet pro Auge rund 130 Franken.
Doch der Augenuntersuch nützt wenig, kann aber mögliche Schäden nach sich ziehen. Zu diesem Schluss kommt der IGeL-Monitor. Die Organisation prüft im Auftrag der deutschen Krankenkassen die Wirksamkeit von Therapien und Untersuchungen. Das Fazit der Gesundheitsspezialisten zum HRT- Untersuch lautet: «tendenziell negativ».
Sie konnten keine einzige Studie finden, die den Nutzen der Methode belegt. Zudem könne man das Risiko nicht ausschliessen, dass eine mögliche Fehldiagnose eine überflüssige Therapie nach sich ziehe. Die Wissenschafter schreiben, dass der mögliche Schaden den Nutzen überwiegt.
«Nur eine Untersuchung reicht nicht aus»
Christoph Kniestedt, Glaukom- Spezialist und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft, bestätigt: «Ich arbeite seit über 15 Jahren nicht mehr mit der HRT, sondern mit der Optischen Kohärenztomografie (OCT).» Sie sei heute die Standardmethode. Die Ergebnisse der HRT seien nicht so umfassend wie die der OCT.
Milko Iliev, Klinikleiter der Glaukom Augenklinik Zürich, hält die HRT zwar für ein bewährtes Instrument, ergänzt allerdings ebenfalls: «Um einen grünen Star frühzeitig zu erkennen, reicht eine einzige Untersuchung nie aus.» Es brauche eine Kombination von mehreren Tests. Dabei müsse man unter anderem den Augeninnendruck und das Gesichtsfeld messen. Der Augenarzt werte diese Ergebnisse dann zusammen aus.
Fachleute des Ärztenetzwerks Medix halten einen kombinierten Untersuch ab dem 50. Lebensjahr für sinnvoll. Wer zusätzliche Risikofaktoren trägt, sollte sich bereits ab dem 40. Lebensjahr untersuchen lassen. Dazu gehören grüner Star in der Familie, hoher Blutdruck, schwere Kurzsichtigkeit, eine dunkle Hautfarbe oder langjährige Kortisontherapien.
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