Wenn es bei Tinnitus dauernd im Ohr pfeift, soll ein kleines Gerät helfen – ein sogenannter Noiser. Patienten tragen es wie ein Hörgerät im Ohr. Dort erzeugt es ein gleichmässiges Rauschen. Hörgerätehändler Audibene verspricht auf seiner Website, dass nach einer Weile sowohl das Rauschen wie auch der Tinnitus als unwichtig eingestuft würden. «Der Tinnitus wird nicht mehr wahrgenommen.»
Es gibt verschiedene Noiser. Oft ist das künstlich erzeugte Rauschen auch eine Zusatzfunktion bei Hörgeräten, etwa bei Produkten grosser Hersteller wie Phonak oder Signia.
Doch es ist unklar, ob Noiser-Geräte nützen. Birgit Mazurek, Direktorin am Tinnituszentrum der Berliner Charité, rät davon ab: «Es ist nicht nachgewiesen, dass sie den Tinnitus bessern.» Zu diesem Schluss kam auch eine Übersichtsstudie des internationalen Forscher-Netzwerks Cochrane Collaboration.
Noiser nur kurzfristig verwenden
Zudem: Patienten berichten in Internetforen immer wieder von schlechten Erfahrungen. «Meistens habe ich das Gefühl, dass der Noiser den Tinnitus noch mehr aufdreht», schreibt eine Betroffene. Bei einem anderen heisst es: «Wenn ich den Rauscher nachts zum Schlafen benutzt hatte, war der Tinnitus am nächsten Tag viel aggressiver.»
Das deckt sich mit den Erkenntnissen der US-Forscherin Mouna Attarha von der Universität von Kalifornien. Sie warnt, dass Noiser dem Hörsinn langfristig sogar schaden können. Der Arzt und Tinnitus-Experte Andreas Schapowal aus Landquart GR bestätigt: «Noiser sollte man nur kurzfristig verwenden, am besten als Teil eines Trainings zur Tinnitus-Bewältigung.» Dabei seien Geräte besser, bei denen das Rauschen nicht gleichmässig ist, sondern wie Meeresrauschen ständig variiert.
Auch Lukas Anschütz, Arzt am Berner Inselspital, empfiehlt Noiser in der Tinnitus-Sprechstunde «eher selten». Er rät Patienten, Musik zu hören, einen Zimmerbrunnen plätschern zu lassen oder bei offenem Fenster zu schlafen. «Hintergrundgeräusche lenken vom Tinnitus ab.» Bei der Therapie gehe es auch nicht darum, ihn zu übertönen. «Die Patienten lernen, ihn zu akzeptieren.»
Fachleute empfehlen in erster Linie eine Verhaltenstherapie mit Einzel- und Gruppengesprächen sowie Entspannungstechniken, etwa die Muskelentspannung nach Jacobson. Dabei spannt man der Reihe nach einzelne Muskelgruppen an und entspannt sie dann wieder. Die Berliner Tinnitus-Expertin Birgit Mazurek sagt: «Das verbessert die Lebensqualität nachweislich.»
Hersteller Signia schreibt, verschiedenen Kliniken würden seine kombinierten Geräte als bewährtes Mittel einsetzen. Signia weise Fachleute darauf hin, dass eine Langzeitnutzung des Noisers zu Schäden führen könne. Audibene und Hersteller Phonak schreiben, Noiser seien nur ein Teil der Therapie. Laut Audibene bessert ein Noiser allein den Tinnitus nicht zwangsläufig. Kombinierte Hörgeräte würden aber spürbar helfen. Laut Phonak sollen die Geräusche vom Tinnitus ablenken, nicht ihn übertönen. Dies sei «recht erfolgreich». Die Lautstärke des Noisers müsse richtig eingestellt sein, damit er nicht schade.