«Künstliche Darmreinigung ist nicht nötig»
Darmkuren und Entschlackungsmittel sollen reinigen, entgiften und entschlacken. Das behaupten Anbieter diverser Mittel und Kuren. Doch das ist gar nicht notwendig, sagen Magen-Darm-Spezialisten. Und: «Ein gesundheitlicher Nutzen ist nicht erwiesen.»
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Gesundheitstipp 05/2012
09.05.2012
Gabriela Braun
Sie heissen Colonix Darmreinigungspulver, Darmreinigung intensiv oder Darmkur Europa – und sie haben alle dasselbe Ziel: Die Pulver zum Einnehmen sollen den «inneren Dreck» ausschwemmen. «Die vergiftenden Schlackenstoffe werden so abgebaut und entfernt», wirbt zum Beispiel Hersteller Dr. Natura im Internet. «Verbessern Sie Ihre Lebensqualität und entschlacken Sie!» Nur so bleibe der Körper gesund.
Ob im Internet, in Drogerien ode...
Sie heissen Colonix Darmreinigungspulver, Darmreinigung intensiv oder Darmkur Europa – und sie haben alle dasselbe Ziel: Die Pulver zum Einnehmen sollen den «inneren Dreck» ausschwemmen. «Die vergiftenden Schlackenstoffe werden so abgebaut und entfernt», wirbt zum Beispiel Hersteller Dr. Natura im Internet. «Verbessern Sie Ihre Lebensqualität und entschlacken Sie!» Nur so bleibe der Körper gesund.
Ob im Internet, in Drogerien oder bei Therapeuten: Die Angebote zum sogenannten «Frühlingsputz für den Körper» sind zahlreich. Nebst den Pulvern zum Entgiften gibt es auch Tees zum Entschlacken oder gar mehrtägige Wellnesskuren.
Gesunde können getrost darauf verzichten
Doch für all das besteht gemäss Ärzten gar keine Notwendigkeit. Es handle sich vielmehr um einen Mythos und festgesetzten Glauben. Dominique Criblez, Chefarzt des Magen-Darm-Zentrums des Luzerner Kantonsspitals, sagt: «Es ist nicht notwendig, seinen Darm künstlich zu reinigen oder zu sanieren.» Es gebe keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die einen Nutzen solcher Praktiken belegen würden. Gesunde Menschen könnten getrost darauf verzichten.
Der Gesundheitstipp konfrontierte die Hersteller der Darmreinigungsprodukte mit dieser Kritik. Doch diese verzichteten alle auf eine Stellungnahme.
Umstrittene «Kneippkurvon innen»
Neben den erwähnten Produkten steht auch eine weitere Methode in der Kritik: die sogenannte Colon-Hydro-Therapie, eine Weiterentwicklung des Einlaufes. Die «Kneippkur von innen» soll den Dickdarm reinigen. Verstopfungen sollen gelöst und «schlechte» Bakterien abgetötet werden.
Bei dieser Methode führt der Therapeut dem Patienten ein Röhrchen mit zwei Kanälen in den After ein. Mit einer Bauchdeckenmassage versucht er «Problemzonen» des Darmes zu ertasten und das Wasser dorthin zu leiten. Über den zweiten Kanal spült er den gelösten Darminhalt heraus. Diesen Vorgang sollen Patienten sechs bis zwölf Mal machen – jeweils mit einer Woche Pause dazwischen. Gemäss Peter Bauerfeind, Arzt und Professor am Universitätsspital Zürich, ist auch zur Colon-Hydro-Therapie «keinerlei wissenschaftliche Basis vorhanden».
Das ist für Maya Friedrich kein Grund, die Colon-Hydro-Therapie infrage zu stellen. Friedrich ist Präsidentin der IG Colon Hydro Schweiz. Sie sagt, die beste Wissenschaft sei die Erfahrung in der Praxis. «Ist die Darmflora geschädigt, können sich Verkrustungen festsetzen, die krankmachende Bakterien ansiedeln.» Dann könne die Therapie hilfreich sein.
Medizinisch notwendig kann ein künstliches Entleeren des Darmes dann werden, wenn etwa die Leber schwer krank ist: Gemäss Dominique Criblez erhalte der Patient Medikamente, die im Körper abführend wirken.
Die Darmflora erholt sich meist von selbst
Nebst den Mitteln zur Darmreinigung gibt es auch zahlreiche Produkte, die das Darmökosystem danach wieder aufbauen sollen: Vitamine, Spurenelemente, Joghurts sowie medizinische Probiotika. Doch gemäss Ärzten gibt es auch für solche Mittel wenig Gründe, sie zu nehmen – ausser die Darmflora wurde durch eine Behandlung mit Antibiotika nachhaltig gestört. Dann kann es laut Professor Peter Bauerfeind angezeigt sein, dem Patienten medizinische Probiotika zu verabreichen. Probiotika sind Milchsäurebakterien. Diese würden helfen, die Darmflora zu verändern. Sie werden als Joghurt eingenommen oder als Kapsel geschluckt. Häufig komme der Körper jedoch alleine klar. Bauerfeind: «Sobald die Antibiotikatherapie beendet ist, stellt sich die ursprüngliche Darmflora meist rasch wieder ein.»
TIPPS: Das tut dem Darm gut
- Essen Sie Gemüse, Früchte, Trockenobst und Vollkornprodukte.
- Darmbakterien mögen es sauer: Lebensmittel wie Joghurt, Kefir, Sauerkraut unterstützen die Darmflora.
- Nehmen Sie Ballaststoffe zu sich, z.B. Weizenkleie oder Leinsamen. Sie quellen im Darm und erhöhen das Stuhlvolumen. Trinken Sie dazu ausreichend Wasser.
- Achten Sie auf genügend Bewegung und Schlaf.
- Gehen Sie bei anhaltendenden Problemen mit der Verdauung zum Arzt.
- Vermeiden Sie Stress und Ärger.