Straffe Schenkel, eine schlanke Taille und schön geformte Arme – was sich nach Muskelkater und viel Schweiss anhört, ist angeblich mit wenig Aufwand möglich. Damit wirbt die Fitnessstudio-Kette Bionic für das Training mit Strom: «Beeindruckende Effekte» könne man mit dem sogenannten Elektromyostimulation-Training (EMS) erzielen.
Für das Training schlüpft der Kunde in einen hautengen Anzug, der den Körper über Drähte mit Stromstössen stimuliert. Zwanzig Minuten EMS-Training haben laut Bionic den gleichen Erfolg wie drei normale Trainingseinheiten à 90 Minuten. Das Unternehmen verspricht einen strammeren Körper, mehr Muskeln und einen geringeren Fettanteil.
«Bei falscher Anwendung gefährlich»
Jetzt warnen Experten: Dieses Training könne die Muskeln überlasten und die Nieren schädigen. Grund: Durch das intensive Training steigt die Konzentration des CK-Enzyms. Man misst es im Blut als Abfallprodukt von geschädigten Muskeln. Es kann die Nieren angreifen.
Stefan Knecht, Chefarzt der Klinik für Neurologie in Meerbusch (D) sagt: «Die Methode ist gefährlich, wenn man sie falsch anwendet.» Wer nach dem Training mit Elektroimpulsen Schmerzen, Herzrasen oder ein Schwächegefühl verspüre, solle einen Arzt aufsuchen. Sportarzt Walter O. Frey von der Zürcher Universitätsklinik Balgrist sagt allerdings, dass sich der hohe Wert des Enzyms nicht unbedingt in Schmerzen äussere. Meist würden zunächst keine Beschwerden auftreten, manchmal Muskelkater.
Experten bezweifeln zudem, dass Trainieren mit Strom das Wachstum der Muskeln fördert («Saldo» 5/2015). Auch Walter O. Frey ist von der Methode nicht überzeugt. Er sagt aber: «Das Training kann für die Rehabilitation sinnvoll sein.» Denn mit Stromimpulsen lasse sich die betroffene Muskulatur gezielter ansteuern und rascher aufbauen. Es sei aber nicht bewiesen, dass Freizeitsportler davon profitieren. Fitnessberater Fritz Bebie aus Erlenbach ZH teilt diese Meinung: «Ich würde meinen Kunden dieses Training nicht empfehlen.»
Übungen mit fliessenden Bewegungen
Fritz Bebie rät stattdessen zu Kraftübungen mit dem eigenen Körpergewicht: «Dabei trainiert man verschiedene Muskelgruppen in einem Bewegungsablauf und stärkt sie so, wie sie auch im Alltag gebraucht werden.» Dabei geht es nicht nur um die Muskeln. Auch Gleichgewicht, Schnellkraft, Stabilität und Ausdauer kann man so stärken. Ein Fitnessstudio ist dafür nicht nötig. Klassische Übungen sind zum Beispiel Kniebeugen, Sprünge oder Klimmzüge, die man 10 bis 30 Mal wiederholt.
Wichtig: Die Bewegungen sollte man fliessend ausführen – nicht ruckartig oder mit Schwung. Zudem sollte man gleichmässig atmen. Es hilft, während der Belastungsphase auszuatmen. Fürs Training zu Hause hat der Gesundheitstipp ein Merkblatt zusammengestellt (siehe Hinweis Unten).
Auch isometrisches Training ist eine Alternative zum Fitnessstudio.Dabei verharrt man einige Sekunden lang in einer Position, zum Beispiel in der Hocke an einer Wand. So trainiert man die Muskeln am Oberschenkel. Oder man drückt während 10 bis 15 Sekunden einen Tennisball zusammen. Das stärkt die Armmuskulatur. Im Gesundheitstipp-Merkblatt zum isometrischen Training finden sich weitere Übungen für zu Hause.
Bebie rät, zweimal wöchentlich 20 bis 30 Minuten lang Sport zu treiben. Zudem solle man sich zwischen den Trainings erholen. «Erst bei einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Belastung und Entspannung lässt sich die Leistung steigern.»
Bionic sagt, die Personal Trainer in ihren Studios müssten eine EMS-Schulung besuchen. Dabei würden sie unter anderem die korrekte Belastungsdosierung und Nebenwirkungen der Trainingsmethode kennenlernen. Bei richtiger Anwendung sei das EMS-Training effizient und schone die Gelenke.
Gratis-Merkblätter: «Stube als Fitnessstudio», «Isometrisches Training»
Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder zu bestellen gegen ein frankiertes und adressiertes C5-Couvert bei: Gesundheitstipp, «Stube als Fitnessstudio», «Isometrisches Training», Postfach 277, 8024 Zürich.
Buchtipp
Viele Tipps fürs richtige Trainieren finden Sie im Gesundheitstipp-Ratgeber Fit im Alltag (2. Auflage, 112 Seiten).