Bern, an einem Donnerstagmorgen im Januar. Hobbysportlerin Yinny Zbat-Valerio steht auf einer Gymnastikmatte. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, den Blick geradeaus gerichtet, macht sie mit dem rechten Bein einen grossen Schritt nach vorn.
Mit kritischem Blick betrachtet Niklaus Jud die Szene. Dann ruft der Fitnesstrainer ihr zu: «Nimm das Knie ein bisschen weiter zurück, es darf nicht über die Fussspitze ragen.» Dann kommt das andere Bein dran. Zehnmal hintereinander wiederholt sie den Bewegungsablauf.
Zusammenspiel von Muskeln und Hirn
Die Übung heisst «Ausfallschritt» und zeigt: Kraft muss man nicht unbedingt im Fitnesscenter an Geräten trainieren. Man kann dies auch zu Hause tun. Fachleute nennen das funktionelles Krafttraining. Es fördert, was jeder im Alltag und beim Sport braucht: Kraft, Stabilität und Gleichgewicht. Zudem schult es das Zusammenspiel zwischen Muskeln und Hirn, also die Koordination. Ein weiterer positiver Effekt: Herz und Kreislauf kommen in Schwung, man verbessert seine Ausdauer.
Der Gesundheitstipp liess vom Experten Niklaus Judl zehn Übungen zusammenstellen. Mit ihnen kann man den gesamten Körper trainieren. Das Gute daran: Als Hilfsmittel braucht es nichts, Fortgeschrittene können zusätzlich Kurzhanteln benutzen. Diese gibt es in verschiedenen Gewichten. Die leichtesten Hanteln wiegen gerade mal 500 Gramm. Sie sind entweder aus Stahl, mit Schaumgummi gepolstert oder aus Kunststoff. Solche Hanteln sind im Fachhandel ab etwa 20 Franken pro Paar erhältlich oder auch bei manchen Grossverteilern.
Beim funktionellen Training entsprechen alle Übungen den natürlichen Bewegungsabläufen im Alltag. Zum Beispiel die tiefe Kniebeuge: Yinny Zbat-Valerio steht etwa schulterbreit da, die Fussspitzen sind leicht nach aussen gedreht, die Hände ausgestreckt. Sie geht in die Knie, so tief es geht, das Gewicht ruht dabei gleichmässig auf dem ganzen Fuss. Dann stemmt sie sich wieder hoch. Fitnesstrainer Niklaus Jud erklärt: «Dabei braucht sie die Muskeln am vorderen und hinteren Oberschenkel sowie am Po.» Nimmt man dazu noch Hanteln in die Hände, braucht es die Muskeln noch mehr. Und wenn man die Arme mit den Hanteln beim Aufstehen aus der Kniebeuge noch nach oben streckt, arbeiten auch die Muskeln des ganzen Oberkörpers mit, insbesondere an den Schultern und dem Rumpf.
Der Vielfalt der Übungen sind kaum Grenzen gesetzt. Jede kann man so variieren, dass wieder andere Muskeln gefordert werden. So kann man den Ausfallschritt auch seitlich ausführen. Er beansprucht dann auch die Muskeln an der Innenseite der Oberschenkel.
Für einen guten Effekt muss man die Übungen nicht stundenlang und täglich machen. Experte Fabian Lüthy ist Dozent und Trainer an der Eidgenössischen Hochschule für Sport in Magglingen BE. Er sagt: «Wenn man fleissig zweimal pro Woche trainiert, erhält man seine Leistungsfähigkeit auch im Alter.»
Bewegungen sind viel natürlicher
Lüthi beschreibt den Unterschied zwischen diesem Kraft- und dem reinen Gerätetraining im Fitnesscenter so: «Im Fitnesscenter führen die Geräte die Bewegung, nicht der Körper.» Im Alltag hingegen oder beim Sport müsse der Körper die Bewegung selber ausführen und für Stabilität sorgen.
Susanna Bischoff, Sportärztin an der Sport Clinic Zurich, weist auf einen weiteren Vorteil hin: «Jede Übung beansprucht ganze Muskelgruppen.» Dies im Gegensatz zu Fitnessgeräten, die oft nur einzelne Muskeln trainieren. Zudem sind die Bewegungsabläufe an den Maschinen oft unnatürlich. Beispiel Beinpresse: Man liegt auf dem Rücken und stösst Gewicht mit den Beinen von sich weg. Bischoff: «Das tut niemand im täglichen Leben.»
Tipps: So trainieren Sie zu Hause richtig
- Ziehen Sie etwas Bequemes an. Am besten Gymnastikhose und T-Shirt.
- Tragen Sie Turnschuhe.
- Achten Sie auf eine weiche und rutschfeste Unterlage, zum Beispiel eine Gymnastikmatte
- Machen Sie die Übungen zuerst ohne Hanteln
- Kaufen Sie am Anfang leichte Hanteln von 500 Gramm bis 2 Kilogramm
- Klären Sie im Zweifelsfall vorher beim Hausarzt ab, ob Hanteltraining für Sie geeignet ist.
- Steigern Sie erst die Anzahl Wiederholungen, bevor Sie mehr Gewicht in die Hand nehmen.
- Machen Sie die Übungen nur jeden zweiten Tag.
- Achten Sie darauf, gut zu atmen. Beispiel Kniebeuge: Atmen Sie beim Hinunterknien tief ein, beim Aufstehen wieder aus.
Gratis-Merkblatt: So halten Sie sich zu Hause in Form – zehn Übungen
Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder zu bestellen gegen ein frankiertes und adressiertes
C5-Antwortcouvert bei:
Gesundheitstipp, «Fitness»,
Postfach 277, 8024 Zürich.