Die psychiatrische Klinik Hohenegg in Meilen ZH macht zurzeit eine bemerkenswerte Studie: Sie untersucht, ob man depressive Menschen an ihrem Gang erkennen kann. Dafür haben die Psychiater 60 Patienten rekrutiert.
Ohne den Resultaten vorgreifen zu wollen, bin ich mir fast sicher: Depressive gehen etwas langsam, mit hängenden Schultern und schlurfen mit den Schuhen.
Die Idee ist schlagend: Statt mit teuren Abklärungen an der Diagnose zu feilen, fordert der Psychiater den Patienten auf, ein paar Schritte auf und ab zu gehen.
Die Methode lässt sich beliebig auf andere psychiatrische Krankheitsbilder ausweiten: Schizophrene Patienten, innerlich gespalten, gehen sicherlich zuerst einen Schritt nach links, dann einen nach rechts. Und Leute mit Angststörungen machen – in geduckter Haltung – immer wieder zwei Schritte zurück.
Diese simple Gangdiagnostik würde nicht nur Kosten sparen, sondern käme auch dem Ärztemangel entgegen.
Doch seit ich von der Studie weiss, ertappe ich mich immer wieder dabei, dass ich meinen eigenen Gang überprüfe – im Spiegelbild von Schaufenstern, wenn ich durch die Strassen gehe. Und ich beginne mich leicht zu sorgen. Denn wegen einer Arthrose im Knie humple ich manchmal ein bisschen.
Ich frage mich dann: Ist das noch gesund oder bereits Merkmal einer instabilen Persönlichkeit? Den Gedanken verdränge ich zwar rasch wieder. Aber wenn ich am Morgen das Haus verlasse, nehme ich nun vermehrt das Velo.