Sie heissen «Kochen für Kerle» oder «Kochbuch für Frauen ab 40» – immer mehr Verlage geben Kochbücher heraus, die sich ausschliesslich an Männer oder nur an Frauen richten.
Der Gesundheitstipp liess fünf Kochbücher für Frauen und fünf für Männer von drei Fachleuten beurteilen. Die Jury bestand aus Präventivmediziner David Fäh von der Berner Fachhochschule, Ernährungsberaterin Beatrice Fischer aus Meiringen BE und Ernährungsmedizinerin und Psychiaterin Bettina Isenschmid vom Spital Region Oberaargau in Langenthal AG.
Die Fachleute prüften, wie gesund die Rezepte und die Zutaten sind, wie gut die Kalorien- und Nährstoffgehalte zu den Bedürfnissen von Männern respektive Frauen passen und ob die ernährungsmedizinischen Angaben korrekt sind. Zu den Kriterien für die Bewertung gehörte auch, ob die Kochbücher attraktiv gestaltet sind, ob sie veraltete Rollenbilder vermitteln und ob die Rezepte einfach umsetzbar sind.
Der Vergleich zeigt: Frauenkochbücher schnitten deutlich besser ab als Männerkochbücher (siehe Tabelle).
Lebensmittel gegen Wechseljahrbeschwerden
Am besten, nämlich mit der Note 5,4, bewerteten die Experten das «Grillbuch für Frauen». Bettina Isenschmid lobt, die Gerichte würden wenig Fett und Zucker enthalten – selbst die Desserts. Auch das Buch «Richtig essen in der Lebensmitte» erhielt eine gute Note. Es enthält leichte, vielfältige Rezepte wie Grünkohlsalat oder Tajine mit Lamm.
Die Informationen zum Nutzen der Lebensmittel gegen Wechseljahrbeschwerden überzeugten die Fachleute dagegen nicht. Bettina Isenschmid sagt, solche Heilsversprechen seien unzulässig. Für David Fäh sind die Angaben nicht wissenschaftlich fundiert. Zudem stünden einige Tipps, etwa der Ratschlag, Alkohol zu vermeiden, im Widerspruch zu Rezepten wie Miesmuscheln im Weisswein.
Auch die ernährungsmedizinischen Angaben im «Kochbuch für Frauen ab 40», die von der traditionellen chinesischen Medizin inspiriert sind, stimmen laut Beatrice Fischer nicht mit jenen der westlichen Wissenschaft überein.
Am schlechtesten schnitt der Titel «Eat Like a Woman» ab. Die Rezepte sollen Mensbeschwerden lindern. Für David Fäh sind die ernährungsmedizinischen Angaben im Buch überwiegend nutzlos. Die Informationen zum Einfluss von Lebensmitteln auf den Zyklus seien nicht wissenschaftlich fundiert.
Deutlich weniger ambitioniert sind die Rezepte in den Männerkochbüchern. Die meisten erhielten eine ungenügende oder genügende Note. Am besten schnitt das Buch «So kocht Mann» ab – nämlich mit der Note 4,9. Bettina Isenschmid lobt: «Das Buch enthält durchgehend gesunde Gerichte, die ohne stark verarbeitete Lebensmittel auskommen.» Der Fett- und der Zuckergehalt seien «im Rahmen». Das Buch überzeugte auch Beatrice Fischer. Es enthalte sehr viele Rezepte, viele davon könne man ohne grossen Zeitaufwand nachkochen. Das Buch sei übersichtlich und ansprechend gestaltet.
Kurios ist: Drei Kochbücher, darunter «So kocht Mann», enthalten ein Rezept für ein ganzes Huhn auf der Dose. Dabei steckt man ein ganzes Poulet auf eine geöffnete Bierdose und brät es im Backofen.
«Kochen für Kerle» pflegt veraltetes Männerbild
Die schlechteste Note erzielte der Titel «Kochen für Kerle». David Fäh kritisiert, die Rezepte enthielten zu viel Eiweiss und hätten zu viele Kalorien. Fäh vermisst Gerichte mit Nahrungsfasern und frischen Zutaten. Auch Bettina Isenschmid bemängelt, die Gerichte würden oft mit zu viel Fett und Öl gebraten und geschmort. Das sei nicht gesund.
Abzug gab es auch, weil das Buch nach Meinung der Fachleute ein veraltetes Männerbild vermittelt. Auf der Rückseite steht, «Kerle» würden gern «herzhaft und deftig» essen. Der Umschlag ist schwarz gehalten, wie die meisten Männerkochbücher, und zeigt ein grosses Fleischstück.
David Fäh bilanziert, spezielle Kochbücher für Frauen oder Männer seien nur nützlich, wenn es klare wissenschaftliche Grundlagen für die Tipps gebe und wenn die Kochbücher diese korrekt wiedergeben: «Beides habe ich in den Büchern nicht gesehen.» Für Unterschiede bei der Ernährung gebe es wichtigere Gründe als das Geschlecht, erklärt Fäh – «zum Beispiel das Alter, spezielle Lebenssituationen wie das Wachstum oder die Schwangerschaft und körperliche Aktivität.»
Der Verlag Naumann & Göbel schreibt dem Gesundheitstipp, sein ultimatives »Männer-Kochbuch» habe nicht den Anspruch, ein Gesundheitskochbuch zu sein. Es liefere einfache Rezepte, die gut schmecken. Das Buch enthalte auch vegetarische Gerichte und Rezepte mit wenig Kohlenhydraten. Der Brandstätter Verlag sagt, das Buch «Eat Like a Woman» sei kein wissenschaftliches Werk. Es wolle Genuss und Wohlbefinden vermitteln.