Lausalarm! Mit dieser Hiobsbotschaft kam der 13-jährige Sebastian aus Bern eines Tages aus der Schule. Damit begann für die Familie eine Zeit langwieriger Prozeduren. Sein Vater erinnert sich: «Wir mussten Sebastians lange Haare – Strähne für Strähne – täglich mit dem Lauskamm durchsuchen und ein Spezialshampoo verwenden. Das war sehr mühsam.» Doch die Schule verlangte es so: Bei Befall Antilausmittel, tägliches Wechseln und Waschen der Kleider und vieles mehr.
Die Schulen decken die Eltern meist mit einem umfangreichen Katalog von Lauskiller-Massnahmen ein. So heisst es auch im Merkblatt von Ipsach BE: «Behandeln Sie die Haare des Kindes umgehend mit Medikamenten» und die übrigen Familienmitglieder sollten auch gleich behandelt werden. Zudem Kleider und Bettwäsche waschen, Polstermöbel, Auto und Matratzen saugen. Die Plüschtiere landen derweil im Tiefkühler. In Wahlen BL schickt man Kinder mit Läusen sogar nach Hause: «Erst wenn keine Nissen und Läuse mehr sichtbar sind, ist der Schulbesuch wieder gestattet», heisst es im Merkblatt.
Sandra Leonhardt, ehemalige Basler Schulärztin und Fachfrau in Sachen Kopfläuse, hält wenig von solchen Massnahmen: «Oft hat ein Kind wochenlang Läuse, bevor man sie bemerkt. Es gibt deshalb keinen Grund, beim Entdecken der Tierchen panisch zu reagieren.» Auch grosse Putz- und Waschaktionen seien überflüssig: «Es ist praktisch ausgeschlossen, dass man sich über Gegenstände oder Kleider ansteckt.» Nur wer wirklich Läuse auf dem Kopf hat, sollte behandelt werden. Nissen allein seien noch kein Grund dafür.
Die Fachfrau hat jetzt für den Gesundheitstipp acht Laus-Therapien beurteilt (siehe Tabelle). Ihr Fazit: «Am wirkungsvollsten und schonendsten sind Mittel mit Silikonöl. Das Öl besteht aus extrem feinen Tröpfchen. Sie verschliessen die Atemöffnungen der Läuse, die dann ersticken.» Nebenwirkungen löse das Öl bei Patienten nur selten aus. Zur Behandlung mit Silikonöl gehören auch ein Laus- und ein
Nissenkamm.
«Mit etwas Erfahrung bringt man Läuse mit Kämmen weg»
Das Kämmen wendet man ergänzend auch bei allen anderen Methoden an. Mehr noch: «Mit etwas Erfahrung und einem guten Kamm bringt man die Lausplage auch allein mit Kämmen weg», sagt Leonhardt: «Es ist eine sehr zuverlässige – und giftfreie – Methode.»
Chemische Insektizide wie Prioderm und Loxazol sind zwar ebenso wirkungsvoll. Sie haben aber einen entscheidenden Nachteil: Die Gifte belasten den Körper und können zum Beispiel bei Asthmatikern zu Atemproblemen führen. Auf keinen Fall darf man chemische Lausmittel häufiger oder länger anwenden, als in der Packungsbeilage beschrieben.
Pflanzliche Mittel können Allergien auslösen
Von Insektiziden mit Lindan rät Sandra Leonhardt klar ab. Denn Fachleute gehen heute davon aus, dass Lindan krebserregend ist. Ein weiterer Nachteil der chemischen Insektizide: Einige Läuse sind resistent.
Pflanzliche Mittel auf der Basis von Kokosöl, Neem- oder Teebaumöl haben zwar den Vorteil, dass sie die Lausplage nicht chemisch bekämpfen. Doch einige davon können Allergien auslösen. Für Sandra Leonhardt sind diese Mittel deshalb nur bedingt empfehlenswert: «Es gibt keine zuverlässigen Studien, die die Wirksamkeit belegen.» Nach Leonhardts Erfahrungen wirken die pflanzlichen Produkte meist nur mittelmässig.
Nicht empfehlenswert sind Hausmittel wie Essig, Mayonnaise, Petrol oder Heissluft. Fraglich ist nicht nur die Wirksamkeit dieser Methoden. Gerade bei Petrol und Hitzebehandlungen unter der Föhnhaube kommt es immer wie-der zu Verletzungen.
Apotheken und Drogerien empfehlen – vorbeugend – auch häufig Weidenteer-Shampoo. Doch Fachfrau Leonhardt winkt ab: «Damit hat man bloss das gute Gefühl, etwas getan zu haben.» Nützen würde solche vorbeugenden Mittel nichts. Wichtiger sei eine wöchentliche Kontrolle.
Weitere Infos
www.kopflaus.ch
www.pediculosis-gesellschaft.de
Läuse: So gehen Sie vor- Behandeln Sie nur Personen, die lebende Läuse auf dem Kopf haben.
- Verwenden Sie ein Lausmittel aus der Apotheke und halten Sie sich dabei genau an die Packungsbeilage.
- Ergänzen Sie die Behandlung immer mit einem Laus- und Nissenkamm – und zwar einen Monat lang, zweimal pro Woche, am besten nach dem Haarewaschen.
- Beenden Sie das Kämmen erst, wenn Sie zwei Wochen lang keine Laus mehr entdeckt haben.
So funktioniert die Behandlung mit dem Lauskamm:
- Verteilen Sie eine handelsübliche Pflegespülung auf dem nassen Haar.
- Entwirren Sie das Haar mit einem normalen Kamm.
- Kämmen Sie das Haar Strähne für Strähne durch. Ziehen Sie dabei den Lauskamm mit leichtem Druck der Kopfhaut entlang.
- Reinigen Sie den Kamm wiederholt mit einem Haushaltpapier. Bleibt nichts mehr hängen, gehen Sie zur nächsten Haarpartie.
- Spülen Sie das Haar am Schluss aus und trocknen Sie es.