Eine Diät, «die auf Ihre Gene abgestimmt ist, ist Ihre ideale Diät»: So wirbt das Internetportal Nutrigenes.ch für seinen DNA-Test. Er soll den Kunden helfen, effizient abzunehmen. Der Test analysiert 30 Gene, die den Stoffwechsel beeinflussen. Kunden schicken eine Speichelprobe ein, und nach drei bis acht Wochen bekommen sie einen 140-seitigen Report. Darin sind alle Lebensmittel aufgelistet, die man meiden sollte. Nutrigenes verkauft den Gentest auf seinem Portal für 499 Franken.
Fachleute raten vom Test ab. Laut Caroline Henggeler vom Zentrum für kardiovaskuläre Genetik in Schlieren ZH gibt es noch viel mehr Genabschnitte, die entscheiden, wie der Körper Nährstoffe verarbeitet. Und David Fäh, Arzt und Ernährungswissenschafter an der Fachhochschule Bern, sagt: «Mit dem heutigen Wissen ist es nicht möglich, Gene zu entschlüsseln, die Übergewicht fördern.» Es gebe keine Studien, die den Nutzen solcher Tests bewiesen. Im Gegenteil: Nach einer Genanalyse essen Abnehmwillige nicht gesünder als solche, die sich etwa auf Tipps eines Ernährungscoachs stützten. Das zeigte im Jahr 2017 eine europaweite Untersuchung der Ernährungsphysiologin Hannelore Daniel von der Technischen Universität München mit 1600 Teilnehmern. Das Fachblatt «International Journal of Epidemiology» veröffentlichte die Studie.
Laut David Fäh steigt mit dem Verzicht auf gewisse Lebensmittel sogar das Risiko, eine Essstörung zu entwickeln: DNA-Tests zum Abnehmen seien daher «Augenwischerei.» Fäh empfiehlt, stattdessen bei einer Ernährungsberaterin nach einer individuellen Diät zu fragen.
Kunden sollen «ihren Körper kennenlernen»
Hinter Nutrigenes.ch steht die Firma Nutri-Genetica Research AG mit Sitz in Feusisberg SZ. Laut eigenen Angaben führt das Unternehmen pro Jahr weltweit 3000 solche Tests durch. Die Proben schickt die Firma an ein Labor in England. Die Geschäftsführerin ist die gebürtige Brasilianerin Viviane Da Silva Anastacio. Sie schreibt auf Anfrage des Gesundheitstipp, sie analysiere alle Daten am Computer selber. Sie rate Kunden, die Resultate des Reports mit einer Ernährungsberaterin zu besprechen. Sie wolle den Leuten helfen, «ihren Körper kennenzulernen und sich gesund zu ernähren». Es gebe «40000 Studien», die einen Zusammenhang zwischen Genen und Übergewicht belegen würden. Sie räumt allerdings ein, dass beim Abnehmen Bewegung, Schlafgewohnheiten und Stress eine grössere Rolle spielen als Gene.
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