Auf der Website der Luzernerin Biserka Kostic findet man verlockende Rezepte, etwa für Nudeln carbonara. Das Besondere: Sie enthalten keine tierischen Produkte und sind zudem nicht gekocht. In der Carbonarasauce hats weder Eier noch Rahm, sondern eingeweichte Cashewkerne und Hefe. Die Nudeln bestehen aus rohen Zucchettistreifen. Biserka Kostic sagt: «Mit diesem Essen fühle ich mich besser.» Sie habe dadurch mehr Energie und eine schönere Haut. Zu ihren Favoriten zählen gefüllte Röllchen aus Gemüse, Leinsamenmehl und Flohsamen.
Wie Kostic verzichten einige Veganer nicht allein auf tierische, sondern auch auf gekochte Lebensmittel. Sie essen Obst, Gemüse, Nüsse und Getreide nur roh. Das soll den Körper mit besonders vielen gesunden Stoffen versorgen. Kochbücher und Internetblogs preisen diese Ernährung als Gesundbrunnen an: «Nach zwei Wochen fühlte ich mich topfit, die Migräne war wie weggeblasen», schreibt etwa die Österreicherin Petra Denk in ihrem Buch «Raw Superfoods».
«Eine sehr einseitige Ernährung»
Fachleute wie die deutsche Ernährungsfachfrau Lioba Hofmann raten allerdings zur Vorsicht: «Vegane Rohkost ist eine sehr einseitige Ernährung.» Schon der Verzicht auf tierische Produkte schränkt die Auswahl an Lebensmitteln ein. Essen Veganer zusätzlich nur noch ungekochte Produkte, fallen weitere wichtige Quellen für Nährstoffe weg, zum Beispiel Tofu, Hülsenfrüchte oder Reis. «Wer nicht aufpasst, nimmt schnell zu wenig Eiweiss, Kalzium, Zink und einzelne B-Vitamine auf», sagt Hofmann.
Das bestätigt eine Studie der Universität Giessen (D) mit 500 Teilnehmern, die nur Ungekochtes assen. Rund jeder Vierte war Veganer. Viele hatten Untergewicht, bei jeder dritten Frau blieb die Menstruation aus – ein Zeichen für einen Mangel an Nährstoffen. Auch die Zähne können leiden – vor allem wenn man viele Früchte isst. Sie enthalten Zucker und Säure, welche die Zähne angreifen.
Wer vegane Rohkost essen will, braucht daher gute Kenntnisse, welche Nährstoffe wo enthalten sind. Das bestätigt der erfahrene Rohkostveganer Ernst Erb. Auf seiner Website Diet-health.info gibt er Tipps, wie man sich mit genügend Vitaminen, Mineralstoffen und gesunden Fetten versorgt. So empfiehlt er zum Beispiel, Kalzium über Datteln, Grünkohl, Mandeln und Spinat aufzunehmen (siehe Kasten).
Unbestritten ist, dass rohes Gemüse, Obst und Nüsse viele Vorteile haben: Sie versorgen den Körper mit Vitaminen und Nahrungsfasern. Das verbessert die Cholesterinwerte, den Blutdruck und hilft beim Abnehmen. Fachleute raten daher, viel Rohkost auf den Speiseplan zu setzen, zum Beispiel Salate, Obst, Nüsse, Müesli, kalte Suppen oder Smoothies.
Biserka Kostic isst inzwischen nicht mehr ausschliesslich Rohkost. Vor allem im Winter brauche sie gekochtes Essen. Zudem nimmt sie Präparate, damit sie keinen Mangel an Nährstoffen wie Vitamin B12, Eisen und Zink hat.
Vegan essen mit Rohkost: Diese Produkte enthalten viele Nährstoffe
Kalzium: Datteln, eingeweichter Amaranth, Grünkohl, Mandeln, Mineralwasser, Spinat
Zink: Cashewkerne, Haferflocken, Paranüsse, Pinienkerne
Eisen: Eingeweichte oder gekeimte Hirse, Haferflocken, Haselnüsse, Leinsamen, Pilze
Omega-3: Leinöl, Leinsamen, Rapsöl, Walnüsse
Vitamin B12: Präparate