Viele Jugendliche trinken gerne Energydrinks. Manche konsumieren die Getränke sogar in solchen Mengen, dass es nicht mehr gesund ist. Dies zeigt eine neue Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit. Die Forscher hatten den Koffeinkonsum in 13 EU-Staaten untersucht. Das Resultat ist alarmierend: In mehr als einem Drittel der Länder nehmen bis zu zehn Prozent der Minderjährigen zu viel Koffein zu sich, weil sie regelmässig Energydrinks trinken.
Die deutsche Organisation Foodwatch fordert deshalb, den Verkauf von solchen Getränken an Kinder und Jugendliche gesetzlich zu verbieten.
Schlafprobleme und Herzrasen
Der Konsum von zu vielen Energydrinks kann Folgen haben: Wer zu viel Koffein zu sich nimmt, riskiert Schlafprobleme, Herzrasen oder erhöhten Blutdruck, wie wissenschaftliche Studien belegen. In einer Strassenumfrage des Gesundheitstipp äussern sich Jugendliche ähnlich (siehe unten).
Der Kinder- und Jugendarzt Hannes Geiges kennt solche Probleme von der Arbeit mit Patienten: «Das Koffein in den Drinks stört den normalen körperlichen Ablauf.» Man fühle sich fit, wenn man natürlicherweise müde sei. Bei Kindern mit dem Aufmerksamkeitsdefizit ADHS könne das sogar zu Wahrnehmungsstörungen führen. «Sie spüren nicht mehr, dass sie zum Beispiel müde sind oder Hunger haben.»
Die Forscher der europäischen Studie raten zu täglich nicht mehr als 3 Milligramm Koffein pro Kilo Körpergewicht. Die Stiftung «Sucht Schweiz» empfiehlt bei Jugendlichen sogar einen täglichen Höchstwert von 2,5 Milligramm. Ein 50 Kilogramm schwerer Knabe dürfte demnach nur 125 Milligramm zu sich nehmen. Ein Blick auf den Koffeingehalt der Getränke zeigt: Dieser Wert ist schnell erreicht. Die meisten Energydrinks, zum Beispiel Red Bull, M-Budget oder ok.–, enthalten 32 Milligramm pro Deziliter. Das ist in der Schweiz die vom Gesetz vorgeschriebene Obergrenze.
Trinkt ein 50 Kilogramm schwerer Knabe also einen halben Liter eines Energydrinks, kommt er auf 160 Milligramm. Das sind 35 Milligramm zu viel.
Aktuelle Zahlen zum Konsum von Schweizer Jugendlichen gibt es nicht. Eine Befragung des Bundesamts für Gesundheit hat aber 2010 ergeben, dass fast die Hälfte der Knaben und gegen 30 Prozent der Mädchen von 11 bis 15 Jahren regelmässig Energydrinks konsumieren – einige von ihnen einmal pro Woche, andere sogar mehrmals täglich.
Schweiz: Verbot steht nicht zur Debatte
Die Erfahrungen von Hannes Geiges sind ähnlich: «Ich kenne viele Jugendliche, die aufs Frühstück verzichten und dann jeden Morgen um 10 Uhr ein Red Bull trinken.»
Das Gesetz schreibt in der Schweiz vor, dass auf Energydrinks der Warnhinweis «Erhöhter Koffeingehalt, für Kinder und schwangere oder stillende Mütter nicht empfohlen» stehen muss. Ein Verbot wie in Deutschland fordert hier aber niemand. Für «Sucht Schweiz» sind andere Themen wie Alkohol und Tabak derzeit «akuter».
Gemäss Eva van Beek, Mediensprecherin beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit, steht ein Verbot auch für den Bund nicht im Vordergrund. Jedes Lebensmittel, das «übermässig» konsumiert werde, könne eine «nachteilige Wirkung» haben. Es sei nicht die Aufgabe des Staates, bestimmte Lebensmittel deswegen zu verbieten.
Umfrage: Wie viele Energydrinks trinken Sie pro Tag?
Anil Gül (18), Bern
«Ich trinke jeden Morgen und manchmal auch noch am Nachmittag einen Energydrink. Wenn ich zwei trinke, bekomme ich aber Herzrasen.»
Vanessa Strasser (17), Bülach ZH
«Ich trank vor zwei Jahren noch jeden Tag zwei Energydrinks. Das tat mir nicht gut. Ich bekam Herzrasen und wurde zappelig. Heute verzichte ich deshalb ganz darauf.»
Oliver Amweg (16), Buchs ZH
«Ich trinke die Energydrinks, um wach zu werden, wenn ich arbeiten muss. Zwei- bis dreimal pro Woche. Manchmal auch zwei Drinks pro Tag, wenn ich sehr müde bin.»
Moritz Keller (17), Bern
«Nach der Arbeit, wenn ich kaputt bin, trinke ich manchmal einen Energydrink. Nicht jeden Tag, aber schon mehrmals pro Woche. Schlafen kann ich danach aber immer.»
Yoan Sorg (17), Bern
«Ich trinke die Energydrinks vor allem deshalb, weil ich sie gerne mag. Ungefähr zwei- bis dreimal in der Woche.»