Michael Büttner, wie war es, als Sie das erste Mal ein Tier töteten?
Ich war aufgeregter als das Tier selber. Ich hatte Angst, dass ich etwas falsch mache. Ich wollte dem Tier nicht unnötig weh tun.
Seither töteten Sie Tausende von Tieren: Sie arbeiteten als Zerleger 25 Jahre im Akkord. Wie hält man das aus?
Ich hielt das nur aus, weil ich unter anderem viel Judo machte. Das half mir abzuschalten. Ich sah Schlimmes: Tiere mit gebrochenen Beinen, kranke Tiere. Oder auch Tiere, die nach der Betäubung noch lebten und panische Angst hatten.
Haben Sie das verdrängt?
Ich habe mich abgewandt. Irgendwann konnte ich das nicht mehr.
Ihre Seele stumpfte nicht ab?
Nein. Und ich werde wohl nie abstumpfen.
Haben Sie Albträume?
Nein. Ich töte ja keine Menschen. Aber ich habe keinen Spass daran, unnötig Leben auszulöschen. In den grösseren Schlachthäusern wurde mir aber bewusst, dass da einiges nicht stimmt.
Was heisst das?
Ich wollte einen besseren Weg gehen. Und seit ich einen eigenen Betrieb habe, gelingt mir das auch.
Was machen Sie heute anders?
Ich bin ruhiger geworden. Ich habe das Gefühl, ich werde den Tieren gerechter.
Wie machen Sie das?
Ich schaue, dass die Tiere nicht unnötig leiden. Das kann ich tun, weil ich mir Zeit lasse. Ich versuche sie zu beruhigen, bevor ich sie töte. Und ich töte sie gleich mit dem ersten Schuss. Zudem schlachte ich nur noch 6 bis 15 Tiere pro Woche, obwohl der Schlachthof mehr Platz hätte. Und ich habe nur Kunden, von denen ich weiss, dass sie die Tiere gut behandeln.
Kann man einem Tier überhaupt gerecht werden, wenn man es schlachtet?
Solange wir Fleisch essen, muss jemand die Tiere töten. Das heisst aber nicht, dass ich sie nicht wertschätze. Ich schaue ja auch, dass ich keine Regenwürmer zertrete.
Wie wissen Sie, dass ein Tier nicht leidet?
Bei jeder Schlachtung ist ein Tierarzt anwesend. Er sieht sofort, wenn ein Tier krank oder verletzt ist. Einmal hat ein Bauer ein Kalb gebracht, das eine starke Lungenentzündung hatte. Es war klar, dass das Tier schon seit mehreren Tagen gelitten hatte. Diese Geschäftsbeziehung habe ich beendet.
Haben Sie heute immer noch Angst, wenn Sie ein Tier töten?
Heute habe ich keine Angst mehr.
Sie sind dreifacher Vater. Können Sie sich vorstellen, dass eines Ihrer Kinder Ihren Schlachtbetrieb übernimmt?
Nein, das möchte ich nicht. Der Beruf ist zu streng. Und er ist auch gefährlich. Einmal bin ich beim Ausweiden mit dem Messer abgerutscht, so dass es die Hauptsehnen im Bein fast ganz durchtrennte. Meinen Kindern möchte ich so etwas ersparen.
Michael Büttner
Als er 15 Jahre alt war, liess sich Michael Büttner von einem Freund dazu überreden, eine Lehre als Metzger zu machen. Seit acht Jahren führt er nun einen eigenen Schlachthof in Würenlingen AG. Er schlachtet Rinder, Schweine, Schafe, Wild und auch mal ein Alpaka und verarbeitet sie zu Fleisch und Wurst. Zu seinen Kunden zählen ausschliesslich Bauern aus der Region.