Yvonne Störzer wollte ihr Gewicht und ihren Körperfettanteil reduzieren, um ihre Leistungen bei Velorennen zu verbessern. Artikel im Internet machten die 35-jährige Luzernerin auf das Intervallfasten aufmerksam. Das Prinzip ist einfach: Anders als bei einer traditionellen Fastenkur verzichtet man nur halbe oder ganze Tage auf Essen. In der fastenfreien Zeit sind alle Lebensmittel erlaubt – egal, wie viele Kalorien sie haben.
Störzer beschloss, jeden Tag 20 Stunden zu fasten: Sie nahm das Mittagessen erst um 14 Uhr zu sich und das Abendessen schon um 18 Uhr. Auf das Frühstück verzichtete sie. «In den ersten Tagen war ich müde und gereizt», erinnert sich Störzer. «Zudem fiel mir das Fasten schwer, wenn ich mit Freunden zusammen war, die assen. Doch ich gewöhnte mich bald daran.» Nach neun Monaten war Störzer einige Kilos leichter. Zudem fühlte sie sich besser: «Weil ich abends früher ass, schlief ich besser.»
Nach der Fastenkur weniger Migräne
Michelle Früh aus Flims GR nahm sogar rund 10 Kilo ab. Sie hatte an zwei Tagen pro Woche gefastet. Nach der Kur hatte sie keine Blähungen mehr und litt weniger unter Migräne. «Das war ein Riesenerfolg», freut sich die 25-Jährige.
Verglichen mit mehrwöchigen Fastenkuren ist das Intervallfasten eine «relativ sanfte Methode», sagt die deutsche Ernährungsexpertin Lioba Hofmann. Studien hätten gezeigt, dass man es besser durchhalten kann als harte Diäten. Denn beim Intervallfasten müsse man nur stunden- oder tageweise auf seine Lieblingsspeisen verzichten. Die längeren Essenspausen regen den Körper dazu an, Fettreserven abzubauen. Aus diesen Gründen sei die Gefahr des Jojo-Effekts kleiner.
Auch Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser sagt: «In meiner Sprechstunde sehe ich seit langem, dass das Intervallfasten einen garantierten Gewichtsverlust bringt.» Es sei einfach umsetzbar und meist sozial gut verträglich. Zudem vermeide man damit schädliche Folgen längerer Fastenkuren, etwa Gicht oder Verstopfung,
Studien geben Hinweise darauf, dass das Intervallfasten nicht nur beim Abnehmen hilft, sondern auch andere Vorteile hat: Intervallfasten senkt den Blutdruck und schützt vor Asthma und Arthrose. Dies belegte vor drei Jahren eine grosse Übersichtsstudie der Universität von Südkalifornien in Los Angeles. Tierversuche mit Mäusen ergaben zudem, dass Herzkrankheiten, Diabetes und Krebs seltener auftreten. Andere Studien ergaben, dass man mit dem Intervallfasten weniger Muskeln verliert als bei traditionellen Diäten, aber gleich viel Bauchfett.
Für Frauen mit Familie weniger geeignet
Präventivmediziner David Fäh von der Berner Fachhochschule sagt, bis anhin hätte kein Forscher den Langzeiterfolg untersucht. «Falls die Studien recht haben, bleiben die Muskeln erhalten. Das wäre ein grosser Vorteil des Intervallfastens», so Fäh. Auch sei es besonders wichtig, Bauchfett zu verlieren, weil dies das Risiko für Diabetes und Herzkrankheiten senke. Fäh sagt jedoch, Intervallfasten sei nicht für alle gleich gut geeignet: Frauen, die eine Familie haben, hätten Mühe, es über längere Zeit durchzuhalten.
Die Fastenzeiten kann man in verschiedenen zeitlichen Abständen in den Alltag integrieren: Man lässt einzelne Mahlzeiten weg, fastet einen bis zwei Tage pro Woche oder jeden zweiten Tag (siehe Tabelle im PDF).
Annette Schürmann vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung sagt: «Je länger die Intervalle sind, umso wirksamer ist das Fasten.» Wenn man nur wenig abnehmen möchte, genüge ein Fastentag pro Woche. Will man hingegen 10 bis 15 Kilo loswerden, sei die «5:2»-Methode besser. Dabei isst man fünf Tage pro Woche normal und fastet an zwei Tagen. Buchautor Michael Mosley empfiehlt pro Fastentag 500 bis 600 Kalorien (siehe Buchtipp). So könne man abnehmen, ohne zu hungern. Ernährungsfachfrau Hofmann sagt: «Für Menschen, die problemlos ohne Frühstück auskommen können, eignet sich auch die ‹8:16›-Methode.»
Intervallfasten flexibel an den Alltag anpassen
David Fäh rät, das Intervallfasten flexibel zu gestalten. So könne man es besser ans Familienleben und andere soziale Kontakte anpassen. Arzt Thomas Walser rät: Wer das Fasten zu streng findet, könne stattdessen einen Tag pro Woche nur Früchte essen.
Buchtipp
Michael Mosley, Mimi Spencer: «The Fast Diet – das Original», Goldmann-Verlag, ca. Fr 14.–