Im Oktober liess die Arzneimittelbehörde Swissmedic den neuen Impfstoff Shingrix gegen Gürtelrose zu. Schon sechs Wochen später verkündete das Bundesamt für Gesundheit, dass sich alle Erwachsenen ab 65 damit impfen lassen sollen, Leute mit einem geschwächten Immunsystem sogar schon ab 50. Gürtelrose äussert sich durch einen schmerzhaften Ausschlag am Rumpf oder im Gesicht. Ursache ist dasselbe Virus, das auch Windpocken auslöst. Nach einer Infektion schlummert es lebenslang im Körper und kann wieder ausbrechen, wenn das Immunsystem schwächelt.
Doch die Impfung gegen Gürtelrose ist bei Fachleuten umstritten. Denn die Krankheit ist nur für wenige ein ernsthaftes Problem, sie heilt bei fast allen in wenigen Wochen. Gesundheitstipp-Ärztin Martina Frei sagt: «Für die meisten ist Gürtelrose mühsam, aber nicht gefährlich.»
Pro Jahr erkranken etwa 10 von 1000 älteren Menschen. Im Schnitt haben einer oder zwei von ihnen Komplikationen wie starke, langfristige Nervenschmerzen.
Kopfweh, Fieber, Magen-Darm-Beschwerden
Zudem verursacht Shingrix viele Nebenwirkungen: Laut der Fachinformation treten oft Kopf- undMuskelschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Fieber und Müdigkeit auf. Es gibt sogar Hinweise, dass die Impfung selber eine Gürtelrose auslöst – vor der sie eigentlich schützen sollte. In der Fachzeitschrift «Arzneiverordnung in der Praxis» kritisierte der deutsche Mediziner Reinhard Bornemann von der Universität Bielefeld, die Nebenwirkungen würden den möglichen Nutzen weitgehend «neutralisieren».
Problematisch ist die Impfung zudem für Leute, die bereits einmal an Gürtelrose erkrankt sind. Es gibt Hinweise, dass sie nach dem Impfen öfter Rückfälle haben. Martina Frei: «Es ist noch unklar, ob die Impfung mit Shingrix gut für sie ist.» Fachleute raten, abzuwarten, bis Studien Klarheit schaffen. Allen anderen empfiehlt die unabhängige Fachzeitschrift «Arznei-Telegramm», abzuwägen, ob der Nutzen das Impfen mit dem «schlecht verträglichen» Mittel rechtfertige. Sinnvoll könne die Impfung für Menschen mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen sein. Dazu gehören Leute mit einem geschwächten Immunsystem oder solche, in deren Familie Gürtelrose häufiger auftritt.
Der bisherige Gürtelrose-Impfstoff Zostavax hat zwar deutlich weniger Nebenwirkungen. Allerdings nützt er auch viel schlechter als Shingrix («Saldo» 3/2018).
Hersteller Glaxo-Smith-Kline schreibt, die Nebenwirkungen von Shingrix würden im Durchschnitt nach zwei bis drei Tagen abklingen. Die Impfung sei auch bei Leuten wirksam und sicher, die bereits einmal Gürtelrose hatten. Laut dem Bundesamt für Gesundheit könne jede Impfung eine Gürtelrose auslösen, da sie Stress für das Immunsystem bedeute.