Als Kranführer bestimme man «den Takt auf der Baustelle». So steht es auf der Website des Baumeisterverbandes Zürcher Oberland. Stimmt das?
Keine Ahnung. Ich bin einfach für alles verantwortlich, was auf einer Baustelle transportiert werden muss, und auch für die Sicherheit in diesem Bereich.
Sie tragen eine grosse Verantwortung.
Ja. Es ist wie beim Autofahren. Man darf keine Sekunde abschalten, sondern muss immer bei der Sache sein. Zum Glück kam es bisher noch nie zu einem Unfall.
Sie arbeiten in luftiger Höhe. Gefällt Ihnen das?
Das habe ich mir noch nie überlegt. Ich muss halt einfach so hoch oben arbeiten, 60 Meter über dem Boden, das ist mein Beruf.
Ihr Arbeitsplatz besteht bloss aus einer kleinen Kabine.
In den neueren Kabinen hat es etwas mehr Platz, das ist gut.
Bewegen können Sie sich trotzdem nicht.
Jeweils um 9 Uhr habe ich 20 Minuten Pause. Dann gehe ich spazieren.
Unten auf der Baustelle?
Nein, ich bleibe oben im Kran. Hinter der Kabine hat es ein Podest und etwas Platz.
Sie gehen auf dem Arm des Krans spazieren – ist das nicht gefährlich?
Es gibt ein Geländer. Gehen tut mir gut, da ich Rückenprobleme habe.
Kommt das von der Arbeit?
Ja, vom vielen Sitzen. Deshalb gehe ich auch in der Mittagspause spazieren, dann aber unten. Und jeden Abend gehe ich fünf bis sechs Kilometer im Wald. Das tut mir gut!
Haben Sie wegen der Schmerzen schon überlegt, eine andere Arbeit zu machen?
Nein, ich bin gern Kranführer.
Warum?
Weil ich schweres Baumaterial hin und her bewegen kann. Ich betoniere gern. Da transportiert man 200 bis 300 Kubikmeter Beton auf einmal. Es beeindruckt mich, wie stark ein Kran ist.
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Erst arbeitete ich als Handlanger auf Baustellen. Dann sprang ich kurzfristig als Kranführer ein. Das gefiel mir. Also machte ich die Prüfung.
Gibt es etwas, das Sie als Kranführer nicht mögen?
Ja, Wind mag ich nicht. Windet es stark, muss ich noch mehr aufpassen – und bei den Bewegungen des Krans den Wind mit einberechnen.
Was heisst das?
Wenn ich ein Element nach links bewege und der Wind kommt von rechts, muss ich gegensteuern. Bis zu einer Windgeschwindigkeit von 60 km/h können wir arbeiten, danach nicht mehr.
Fühlt man sich in der Krankabine nicht einsam?
Manchmal schon. Den ganzen Tag allein zu sein, tut nicht gut.
Mit Ihren Kollegen reden Sie über Funk. Hilft das?
Nein, nicht wirklich, da sprechen oft alle gleichzeitig. Das regt mich eher auf! Auf die Mittagspause aber freue ich mich. Da kann ich endlich mal mit den anderen plaudern.
Zur Person
Vesel Shkodra arbeitet seit 26 Jahren als Kranführer auf Baustellen. Der 52-Jährige lebt mit seiner Familie in Bassersdorf ZH.