Susann Alvarez war gerade mal 35 Jahre alt, als sie die Diagnose Brustkrebs erhielt. «Erst hiess es, es sei nicht so schlimm, die Brust bleibe bei der Operation erhalten», erinnert sich die heute 40-Jährige aus dem Zürcher Oberland. Doch dann sah der Arzt: Der Tumor war zu gross. Die Brust musste weg. Das war für Susann Alvarez ein Schock: «Ich klappte zusammen.»
In der Schweiz sind Jahr für Jahr rund 1500 Frauen in der gleichen Situation wie Susann Alvarez. Sie müssen ihre Brust wegen Krebs amputieren lassen. Dies betreffe laut der Krebsliga rund 30 Prozent aller Brustkrebs-Patientinnen.
Ohne Brust zu leben – das konnte sich Susann Alvarez nicht vorstellen. Als ihr die Ärzte anboten, die Brust in derselben Operation zu rekonstruieren, stimmte sie sofort zu. Der Chirurg wollte dafür einen Teil ihres Rückenmuskels nach vorne klappen und daraus – zusammen mit einem Silikon-Implantat – eine neue Brust formen. Alvarez: «Alles klang völlig unproblematisch. Ich hatte keine Ahnung, was damit auf mich zukam.» Als sie ein Jahr später ihre zweite Brust amputieren lassen musste, entschied sie sich deshalb nochmals für das gleiche Verfahren.
Heute zweifelt die junge Frau, ob sie nochmals gleich handeln würde. Wenn sie vor dem Spiegel steht, mag sie gar nicht hinsehen: Ihre linke Brust ist deutlich kleiner als die rechte. Über beide Brüste ziehen sich wulstige Narben, die Brustwarzen fehlen. Auch am Rücken zeichnen sich lange Narben ab, von der Achsel bis hinunter zur Taille.
«Mein Oberkörper ist verunstaltet»
Susann Alvarez musste nach der Operation zur Strahlentherapie. Bei Implantaten ist das heikel. Das bestätigt Nik Hauser, leitender Arzt des Brustzentrums am Kantonsspital Baden AG: «Komplikationen sind dann deutlich häufiger.» Dazu gehören Störungen der Wundheilung, oder es kommt zu einer überschiessenden Bildung von Narbengewebe. Dieses schliesst das Silikonkissen ein und kann schmerzhafte Verhärtungen verursachen. Solche Kapselfibrosen bekam auch Susann Alvarez. Zweimal mussten die Chirurgen diese lösen und neue Implantate einsetzen – doch noch immer waren die Brüste völlig schief. «Mein Oberkörper ist verunstaltet», sagt sie heute. Ihre letzte Hoffnung ist eine Operation in der Zürcher Privatklinik Pyramide. Doch dafür fehlt ihr das Geld. Weil Susann Alvarez allgemein versichert ist, zahlt die Krankenkasse nur einen kleinen Teil der Kosten.
So wie Susann Alvarez gibt es viele Frauen, die nach dem Wiederaufbau der Brust nicht glücklich sind. Arzt Christoph Rageth vom Zürcher Brustzentrum sagt: «Unbefriedigende Ergebnisse sind leider immer noch zu häufig», – auch wenn neuere Methoden in den letzten drei, vier Jahren «deutliche Verbesserungen» gebracht hätten. Die Erwartungen an eine rekonstruierte Brust sollten nicht zu hoch sein. «Sie ist von der Form und dem Gefühl her nie gleich wie eine natürliche», so Rageth. Gerade bei einem Silikon-Implantat passiere es öfter, dass die beiden Brüste nachher nicht symmetrisch seien. Dann müsse man die gesunde Brust mit einer weiteren Operation angleichen.
Ein Vorteil der Implantate: Der Eingriff ist kürzer und weniger belastend als bei neueren Methoden mit Gewebe aus dem eigenen Körper.
Fachleute sind sich einig: Patientinnen sind mit dem Ergebnis zufriedener, wenn sie vorher sorgfältig über alle Möglichkeiten informiert wurden und sich zu nichts gedrängt fühlen. So kann jede Betroffene selber entscheiden, welcher Weg für sie der richtige ist – und dies soll ohne Zeitdruck geschehen, betont Arzt Nik Hauser. Hilfreich könne auch das Gespräch mit einer anderen Brustkrebspatientin sein, die die Operation bereits hinter sich hat. Das Kantonsspital Baden vermittelt seinen Patientinnen auf Wunsch solche Kontakte.
Laut Hauser entscheiden sich die meisten Frauen, nach der Amputation die Brust nicht sofort rekonstruieren zu lassen, obwohl ihnen das Spital dies anbiete: «Viele wollen zuerst einfach die notwendige Therapie machen, um wieder gesund zu werden, und sich erst später mit den ästhetischen Fragen befassen.» Die Rekonstruktion ist zudem nicht die einzige Möglichkeit nach einer Amputation. Eine einfache und flexible Methode sind Prothesen aus Silikon, welche die Patientin auf der Haut oder im BH befestigt. Nik Hauser: «Viele Brustkrebspatientinnen entscheiden sich schliesslich gegen einen chirurgischen Wiederaufbau, weil sie mit der Prothese gut zurechtkommen.»
Tipp:
Gratis-Broschüren der Krebsliga: «Eine neue Brust?» sowie «Brustprothesen», zum Herunterladen auf www.krebsliga.ch oder zu bestellen unter Telefon 031 389 91 00.
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