Jahrelang hatte Christine Dambone Probleme wegen Blähungen. «Am Morgen konnte ich manchmal kaum aufrecht stehen. Die Schmerzen waren so stark», erinnert sich die 51-Jährige aus Grafstal ZH. Die Ärzte untersuchten Dambone mit einer Magen- und Darmspiegelung. Doch sie fanden keine Ursachen. Ein Naturheilpraktiker empfahl ihr Lactobact-Premium-Kapseln. Diese enthalten Milchsäurebakterien, die gut sind für die Verdauung. Aber das Mittel half nur vorübergehend: Nach ein paar Wochen litt sie wieder unter Blähungen.
Christine Dambone ist kein Einzelfall: Blähungen gehören zu den häufigsten Verdauungsproblemen. Die Betroffenen leiden unter Schmerzen und Krämpfen im Bauch. Die Ursachen sind oft unklar. Fachleute vermuten, dass überschüssige Gase, falsche Essgewohnheiten oder Darmkrankheiten die Beschwerden verursachen.
Umstrittene und nicht empfehlenswerte Mittel
Die Apotheken machen zurzeit im Schaufenster Werbung für Liv.52-Tabletten. Sie sollen laut der indischen Ayurveda-Tradition gegen Blähungen und andere Verdauungsprobleme helfen. Ayurveda-Heiler führen diese Beschwerden auf Leberkrankheiten zurück. Doch das Mittel ist umstritten: Der Hersteller zog es in den USA vom Markt zurück. Der Grund: Patienten mit einer schweren Leberkrankheit, die Liv.52 schluckten, starben früher. Ob Liv.52 gegen Blähungen hilft, haben Forscher gar nie untersucht.
Mehrere Hersteller bieten Mittel mit Bitterpflanzen an. Dazu gehören Iberogast, Boldocynara und Weleda Amara. Diese Mittel enthalten Extrakte aus Pflanzen wie Artischocken, Schöllkraut und Wegwarte. Sie stehen im Ruf, die Verdauung anzuregen. Martin Koradi, Experte für Pflanzenmedizin aus Winterthur, sagt aber: «Bitterstoffpräparate wirken eher bei Appetitlosigkeit und Völlegefühl im Oberbauch. Bei Blähungen würde ich sie nicht empfehlen.» Iberogast kann Leberschäden verursachen («Saldo» 17/2018).
Im Mai kommt das neue Mittel Gaspan auf den Markt. Es enthält Pfefferminz- und Kümmelöl. Diese Extrakte sind besser untersucht. Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser sagt: «Pfefferminze und Kümmel sind altbewährte, einheimische Heilpflanzen, die schon immer gegen Blähungen eingesetzt wurden.»
Besser belegt ist auch der Nutzen von Produkten mit Milchsäurebakterien. Fachleute sprechen von Probiotika. Einige Studien zeigen, dass sie Blähungen und Schmerzen bei den Reizdarm-Patienten lindern. Thomas Walser sagt: «Wenn schon Probiotika, sollte man sie in Form von vollwertigen Lebensmitteln einnehmen.» Walser empfiehlt Betroffenen, regelmässig ein Nature-Bifidus-Joghurt mit einem geraffelten Apfel zu essen. Der Apfel verstärke die Wirkung.
Wenig halten die Fachleute von chemischen Mitteln mit den Wirkstoffen Simeticon und Dimeticon. Die Hersteller behaupten, diese Mittel könnten kleine, schaumige Gasblasen im Darm auflösen. Der Verdauungsspezialist Michael Fried vom Zürcher Triemli-Spital sagt: «Blähungen entstehen nicht, weil sich Schaum bildet.» Deshalb seien diese Mittel nutzlos.
Christine Dambone wurde ihre Beschwerden ohne Mittel los. Sie erfuhr, dass der Lebensmittel-Zusatzstoff Carrageen (E407) die Blähungen verursachen kann. Dieses Verdickungsmittel steckt in vielen Lebensmitteln wie Rahm, Glace oder Vegi-Schnitzeln. «Das machte mich hellhörig», sagt Dambone. «Seit ich keine Lebensmittel mit Carrageen mehr esse, habe ich keine Blähungen und keine Schmerzen mehr.» Studien deuten darauf hin, dass Carrageen Blähungen, Allergien und Darmentzündungen fördern kann. Wissenschafter der Louisiana State University (USA) empfahlen deshalb vor fünf Jahren Betroffenen, die Ernährung umzustellen.
Das Unternehmen Ebi-Pharm, das Liv.52 verkauft, sagt, das Mittel werde seit mehr als 30 Jahren in der Schweiz erfolgreich verwendet. Padma entgegnet, eine Studie habe den Nutzen von Padma Digestin gezeigt. An dieser nahmen aber nur 31 Patienten teil. Hersteller Bayer sagt, es sei nachgewiesen, dass Iberogast wirksam und sicher sei.
Die beiden Hersteller A. Vogel und Weleda sagen, die Heilmittelbehörde Swissmedic habe ihre Produkte Boldocynara und Weleda Amara geprüft und zugelassen. Der Hersteller HLH Biopharma teilt mit, ihr Mittel Lactobact Premium wirke besser als Joghurt. Die Firma Argento Com und die Heilerde-Gesellschaft Luvos Just entgegnen, Studien hätten den Nutzen ihrer Produkte Uluxan und Luvos Heilerde gezeigt. Bei der Luvos-Studie nahmen aber nur 46 Patienten teil.
Tipps: Das hilft gegen Blähungen
Verzichten Sie auf Lebensmittel, die bei Ihnen Blähungen verursachen. Oft sind bestimmte Kohlenhydrate oder Milchprodukte dafür verantwortlich.
Essen Sie regelmässig zu den gleichen Zeiten. Kauen Sie das Essen sorgfältig.
Eine Ernährungsberaterin kann Ihnen beim Umstellen der Ernährung helfen.
Trinken Sie warmen Fenchel-, Kamillen- oder Melissentee, das entspannt und beruhigt.
Treiben Sie mehr Sport. Das kurbelt die Verdauung an.
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