Bereits im Alter von fünfzehn Jahren war Jasmin Arm das erste Mal beim Neurologen, weil sie mehrmals pro Woche starke Kopfschmerzen plagten. «Ich wollte mich nur noch in einen dunklen und ruhigen Raum zurückziehen», sagt die heute 37-Jährige aus Bülach ZH. Das war neben Schmerzmitteln das Einzige, was half. Und so ging es weiter. «Während meiner Migräneattacken kämpfte ich mich irgendwie durch und wartete nur darauf, heimzugehen», sagt Arm. Wenn sie die Schmerzmittel rechtzeitig einnahm, fielen die Anfälle zumindest etwas schwächer aus.
Vor zwei Jahren nahmen die Schmerzen nochmals zu. Nun hatte sie kaum noch kopfwehfreie Tage, die Schmerzen waren stärker denn je. «Bei wechselhaftem Wetter war es besonders schlimm – und wenn ich mich aufregte», sagt Arm. Also suchte sie ihren Hausarzt auf, der sie an einen Neurologen überwies. Dieser verschrieb ihr immer wieder andere Migränemittel. Keines half. «Ich spürte nicht mal eine minime Verbesserung», sagt Arm.
Eines Abends meinte ihr Partner, sie solle es mit Craniosacraltherapie versuchen. Sein Physiotherapeut habe ihm davon erzählt. Arm wollte einen Versuch wagen. «Im schlimmsten Fall bringt es nichts», sagte sie sich. Nach drei Sitzungen ging es ihr besser. Und heute, rund sechs Monate später, hat sie nur noch ein bis zwei Tage pro Woche Kopfschmerzen. «Kürzlich hatte ich sogar während vier Wochen keine Migräne», sagt sie.
Bei der Craniosacraltherapie bringt die Therapeutin mit ihren Händen die Zirkulation der Nervenflüssigkeit zwischen Schädel und Kreuzbein wieder ins Lot (siehe Tabelle im PDF). Die Patientin liegt dabei auf einem Massagetisch und kann sich entspannen. Obwohl Jasmin Arm die Craniosacraltherapie selber bezahlen muss, weil sie keine Zusatzversicherung hat, ist sie es ihr wert. «Mittlerweile gehe ich alle sechs bis sieben Wochen zu meiner Therapeutin und fühle mich so gut wie noch nie.»
Grundversicherung zahlt nichts an Therapie
Neben der Craniosacraltherapie gibt es weitere manuelle Behandlungen, die Verspannungen und Blockaden lösen und dadurch die Anzahl Migränetage und die Stärke der Schmerzen verkleinern können. Beispiele sind Shiatsu, Osteopathie, Fussreflexzonenmassage, Akupressur und Chiropraktik. Doch für alle gilt: Kleine Studien geben Hinweise darauf, dass sie bei Migräne helfen können. Der Nutzen ist aber nicht klar belegt. Das zeigt ein Vergleich des Gesundheitstipp. Oft sind zudem nur wenige Therapiesitzungen nötig, um eine Verbesserung zu erreichen. Gleichzeitig sind die Therapien aber teuer und die Kosten nicht in der Grundversicherung enthalten. Eine Ausnahme ist die Chiropraktik.
Auch Maria Neumeier, Kopfwehexpertin am Universitätsspital Zürich, findet die Studienlage für eine eindeutige Empfehlung zu dünn. Aber: «Einzelne Patienten können von diesen manuellen Behandlungen profitieren.» Sie seien eine sinnvolle Ergänzung zu den etablierten Therapien, sagt Neumeier. «In der Sprechstunde erzählen mir Patienten regelmässig von ihren positiven Erfahrungen mit manuellen Behandlungen wie etwa Akupressur und Osteopathie.»
Je nach Auslöser eine andere Behandlung
Auch Hausärztin Stephanie Wolff aus Bülach ZH bezeichnet die heutige Studienlage als dürftig. Trotzdem lohne sich ein Versuch: «Im Einzelfall können diese Behandlungen sehr gut helfen.» Sie empfiehlt Betroffenen, herauszufinden, was bei ihnen eine Migräneepisode auslöst. Zu den häufigsten Auslösern von Migräne zählen Stresssituationen, Wettereinflüsse, Lebensmittel wie etwa Kaffee oder Käse, Alkohol, Lärm, schlechter Schlaf, Überanstrengung und hormonelle Schwankungen.
«Sollte der Stress für die Migräne verantwortlich sein, empfehle ich von diesen manuellen Behandlungen die Craniosacraltherapie», sagt Stephanie Wolff. Wenn jemand aufgrund von Verspannungen oder leichten Fehlstellungen der Wirbel an Migräne leide, böten sich die Osteopathie oder die Chiropraktik an. «Mit diesen Therapien wird am Bewegungsapparat gearbeitet, sodass sich Verspannungen lösen können», sagt Wolff. Die Akupressur empfiehlt sie Betroffenen, die während einer Migräneattacke ihre Beschwerden lindern möchten. «Letztlich muss aber jeder selber ausprobieren, was ihm hilft», sagt Wolff. Wenn eine Therapieform helfe, dann sei das doch gut.
Tipps: So beugen Sie Migräne vor
- Gehen Sie jeden Tag zur gleichen Zeit zu Bett, und stehen Sie zur gleichen Zeit auf – auch am Wochenende.
- Essen Sie regelmässig und lassen Sie keine Mahlzeit aus!
- Trinken Sie täglich mindes- tens 1,5 Liter Wasser.
- Führen Sie ein Migräne-Tagebuch, um Ihre persönlichen Auslöser zu entlarven.
- Nehmen Sie sich genügend Zeit zum Abschalten und Entspannen.
- Haben Sie Geduld und Nachsicht mit sich selbst.
- Praktizieren Sie die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen oder machen Sie Yoga, Tai-Chi oder Qigong.
- Machen Sie drei bis vier Mal pro Woche ein moderates Ausdauertraining.
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