Hormone in den Wechseljahren kamen in den letzten Jahren stark unter Beschuss: Denn sie erhöhen das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch Brustkrebs kann eher auftreten. Viele Frauenärzte verschreiben die Mittel deshalb höchstens noch für kurze Zeit.
Jetzt wollen die Pharmaindustrie und findige Ärzte eine neue Anwendung der Hormone gefunden haben – und zwar gegen Demenz. Die Schweizerische Menopausengesellschaft schreibt auf ihrer Website: Hormone könnten einer «Verschlechterung von Hirnleistung, Gedächtnis und einer Demenz» entgegenwirken. Der Nutzen sei «besonders gut» zwischen 50 und 60 Jahren. Das heisst: Frauen sollten die Hormone früh und über viele Jahre wieder nehmen. Pharmafirmen wie Novo Nordisk und Bayer unterstützen die Menopausengesellschaft finanziell.
Zwar leiden viele Frauen nach der letzten Mens unter Gedächtnisproblemen. Fachleute vermuten, dass der plötzliche Rückgang der Östrogene die Ursache ist. Ob sich daraus eine Demenz entwickeln kann, ist allerdings noch unklar.
Im vergangenen Januar kamen Experten der unabhängigen Forschergemeinschaft Cochrane zum Schluss: Eine Therapie mit Hormonen eigne sich nicht, um sich vor Demenz zu schützen. Die Aussagekraft der vorhandenen Studien sei beschränkt, da die meisten nur über 60-jährige Frauen untersucht hatten. Um den Nutzen einer langfristigen Therapie abzuschätzen, müsste man die Frauen unter 50 Jahren einschliessen. Das gelte auch für Studien zu allfälligen Risiken.
Bereits 2008 kamen die Forscher von Cochrane zum Schluss, dass Hormone ältere Frauen nicht vor Einbussen der Hirnleistung schützen. Im Gegenteil: Bei Frauen über 65 Jahren stieg das Risiko für eine Demenz. Auch die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie äussert sich zurückhaltend. Im «Expertenbrief» von 2015 steht: Die langfristigen Konsequenzen seien «weitgehend unbekannt». Vor allem die Risiken der Hormone bei so langer Therapiedauer machen vielen Fachleuten Bauchweh.
Petra Stute, Präsidentin der Schweizerischen Menopausengesellschaft, verteidigt die Therapie. Die Frauenärztin vom Berner Inselspital schreibt dem Gesundheitstipp, Hormone würden gut bei Frauen wirken, die über Probleme wie Vergesslichkeit klagten. Es gebe zudem Hinweise, dass sich das Risiko für eine Demenz im Alter «wahrscheinlich» senken lasse, wenn Frauen im Alter ab 50 Jahren Hormone einnehmen. Sie müssten dies allerdings zehn Jahre lang tun.