Der Kilimandscharo im afrikanischen Tansania gilt bei vielen Berggängern als Traumziel. Im Sommer 2016 bestieg auch Severin Breu aus Diepoldsau SG den 5895 Meter hohen Berg. «Das war ein wunderschönes Erlebnis», erinnert sich der 31-Jährige. Getrübt wurde die Tour jedoch durch Kopfschmerzen und Schwindel, die er ab einer Höhe von rund 2500 Metern spürte. Gegen diese Beschwerden nahm er das Medikament Diamox. Er hatte es in der Schweiz von einem Arzt erhalten. «Ich nahm das Mittel, weil ein Abstieg für mich keine Option war», erklärt Breu. «Ich wollte den Gipfel unbedingt erreichen.»
«Berggänger wiegen sich in falscher Sicherheit»
Fachleute sehen den Einsatz von Medikamenten gegen Höhenkrankheit kritisch. Der Reisemediziner Robert van der Ploeg aus Wetzikon ZH sagt: «Ich erlebe oft ehrgeizige Bergsteiger, die unbedingt auf den Kilimandscharo wollen und ein Medikament verlangen, damit sie den Aufstieg schaffen.» Er gebe Mittel wie Diamox «eigentlich nie» ab. Das seien Notfallmedikamente, die man nur unter ärztlicher Aufsicht einnehmen sollte. Robert van der Ploeg stellt klar: «Der Abstieg ist die beste Massnahme gegen die Höhenkrankheit.»
Die Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin empfiehlt, bei Anzeichen einer leichten Höhenkrankheit wie Kopfschmerzen oder Übelkeit einen Ruhetag auf gleicher Höhe einzuschalten. Wenn die Anzeichen am nächsten Tag nicht deutlich nachlassen, solle man besser absteigen.
Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser warnt: «Medikamente können die Anzeichen der Höhenkrankheit so verschleiern, dass sich Bergsteiger in falscher Sicherheit wiegen.» Dies könne lebensgefährlich sein. Medikamente solle man laut Thomas Walser nur einnehmen, falls das Wetter und/oder der Gesundheitszustand einen schnellen Abstieg verunmöglichen.
Die Höhenkrankheit beginnt meist mit Kopfschmerzen, Übelkeit und Appetitlosigkeit. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Hirn- oder Lungenödem. Dabei sammelt sich Flüssigkeit im Gehirn oder in der Lunge an. Die Folge sind Atemnot und Höhenkoller.
Alpinisten nehmen gegen die Höhenkrankheit auch Schmerzmittel wie Aspirin oder Irfen oder Medikamente wie Fortecortin mit dem Wirkstoff Dexamethason. Die medizinische Fachzeitschrift «Gute Pillen, schlechte Pillen» schreibt, Mittel wie Diamox und Fortecortin könnten bei einem Teil der Betroffenen die Anzeichen der Höhenkrankheit lindern. Bei Diamox seien aber Nebenwirkungen wie Missempfindungen auf der Haut möglich.
Die Firma Vifor Pharma erklärt, die Heilmittelbehörde Swissmedic habe den Einsatz von Diamox als Schutz vor Höhenkrankheit erlaubt. Die Hersteller Merck und Bayer schreiben, ihre Mittel Fortecortin und Aspirin seien dafür nicht zugelassen.