Becetamoltropfen helfen laut dem Hersteller Gebro Pharma bei Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Erkältungen und Fieber. Gebro Pharma empfiehlt das Mittel speziell für Säuglinge und Kleinkinder. Nun sagt die Heilmittelbehörde Swissmedic, dass Kinder unter 5 Jahren das Präparat nicht mehr nehmen sollen. Der Grund: Es enthält zu viel Propylenglykol.
Der Stoff überschreite bei der empfohlenen Dosis in Becetamol-Tropfen die Schwellenwerte für Babys und Kleinkinder «um ein Vielfaches». Propylenglykol dient in Medikamenten als Lösungsmittel. Es ist auch in E-Zigaretten und Tabak enthalten und wird als Frostschutzmittel verwendet.
Swissmedic wusste seit 2017 von den Risiken
Propylenglykol gilt als möglicherweise giftig – vor allem für Babys und Kleinkinder. Es kann sich bei ihnen im Körper anreichern. Wolfgang Becker-Brüser ist Herausgeber der medizinischen Fachzeitschrift «Arznei-Telegramm». Er sagt: «Ich erachte den relativ hohen Propylenglykol-Gehalt in Becetamoltropfen als bedenklich für Säuglinge und Kleinkinder.» Hinzu kommt laut Wolfgang Becker-Brüser, dass es den Inhaltsstoff gar nicht brauche. Ähnliche Präparate wie Ben-u-ron kämen auch gut ohne Propylenglykol aus.
Pikant: Swissmedic weiss seit 2017 von den Risiken des Stoffs. Die Europäische Arzneimittelagentur informierte damals, dass hohe Dosen Propylenglykol zu happigen Nebenwirkungen wie zum Beispiel Störungen der Nieren- und der Leberfunktion führen können. Medinside.ch, eine Internetplattform für Fachleute aus dem Gesundheitswesen, kritisiert, dass Swissmedic die Tropfen erst jetzt vom Markt genommen hat: «In Fachkreisen ist schon längst klar, dass man Propylenglykol nicht bei Neugeborenen einsetzen sollte.»
Seit 2019 müssten Nebenwirkungen von Stoffen wie Propylenglykol im Beipackzettel aufgeführt sein. Bei Becetamol ist das bis heute nicht der Fall. Denn Hersteller haben 5 Jahre Zeit, dies zu befolgen. Die Firma Gebro Pharma schreibt dem Gesundheitstipp, sie verkaufe die Tropfen seit Dezember, nicht mehr. Apotheken dürfen Restbestände weiter verkaufen.
Swissmedic räumt ein, die Produzenten hätten zwar eine Frist von 5 Jahren, um die Informationen zu überarbeiten. Vorsichtshalber empfehle man aber, die Tropfen nicht mehr bei Kindern unter 5 Jahren anzuwenden.