Ob Extrakte aus Äpfeln oder Zitronen, aus Aloe vera oder Getreide wie Weizen oder Hirse – in Naturkosmetikshampoos sollten vor allem natürliche Stoffe enthalten sein. Künstliche Farb- und Duftstoffe sowie Substanzen auf Mineralölbasis sind nicht zugelassen.
Kein Wunder, greifen viele Leute mit empfindlicher Haut zu solchen Produkten. Doch jetzt zeigt der Gesundheitstipp-Test: Viele Naturshampoos enthalten Stoffe, die Allergien auslösen oder die Haut reizen können.
Für den Gesundheitstipp prüften zwei Labors je acht zertifizierte Naturkosmetikshampoos und konventionelle Shampoos. Im Fokus: allergieauslösende Stoffe, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Formaldehyd, Schwermetalle und kritische Keime.
Resultat: Fünf Naturshampoos können bei empfindlichen Personen zu gereizter Haut und Ausschlägen führen: Die Produkte Biocura Nature (Aldi), Coop Naturaline, Logona, Weleda und Dr. Hauschka enthielten heikle Duftstoffe in einer Konzentration von über 100 Milligramm pro Kilo (siehe Tabelle im PDF). Laut dem wissenschaftlichen Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU können solche Duftstoffe ab dieser Menge bei sensibler Haut Allergien auslösen.
Die erwähnten fünf Naturshampoos enthielten Linalool oder Limonen oder gar beides. Diese Duftstoffe sind zwar nur schwach allergen. Beim Haarewaschen reagieren sie jedoch mit Sauerstoff und Wärme. Dabei entstehen Substanzen, die empfindliche Kopfhaut deutlich stärker reizen können. Im Shampoo von Dr. Hauschka wies das Labor zudem den Duftstoff Geraniol nach, im Weleda-Produkt Cumarin. Beide Stoffe lösten in Versuchen oft allergische Reaktionen aus.
Insgesamt sind nur drei Naturkosmetikshampoos für empfindliche Personen geeignet: Die Produkte von Sante, Nature Box und Lavera enthielten keine oder nur unbedenkliche Mengen an allergenen Stoffen. Bei den konventionellen Shampoos waren zwei Produkte frei von heiklen Duftstoffen: Nivea und M-Budget. Fazit: Naturkosmetikshampoos sind für Allergiepatienten insgesamt kaum besser als normale Produkte.
Viele Produkte schaden der Umwelt
Naturshampoos waren im Test auch nicht besser für die Umwelt als die konventionellen Shampoos: Sechs Naturprodukte enthielten Duftstoffe, die laut dem US-Zentrum für biotechnologische Information giftig für Wasserlebewesen sind. Zum Vergleich: Sieben konventionelle Shampoos enthielten umweltschädliche Substanzen, nämlich Limonen, Benzyl Salicylate, Hexyl Cinnamal und Benzyl Benzoat. Laut einer Studie des deutschen Umweltbundesamtes können selbst moderne Kläranlagen solche Stoffe nicht vollständig herausfiltern.
Insgesamt sechs Shampoos wiesen zudem polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe auf. Den gefährlichsten Stoff enthielt das M-Budget-Shampoo: Benzanthracen ist laut der deutschen Umweltprobenbank giftig und hat das Potenzial, das Erbgut zu verändern. Der Stoff kann laut der Europäischen Chemikalienagentur Krebs auslösen.
Zudem ist Benzanthracen schwer abbaubar, giftig für Wasserlebewesen und reichert sich in Organismen an. Umweltschädlich ist laut der Chemikalienagentur auch der Kohlenwasserstoff Phenanthren. Er fand sich in den Produkten von Garnier, Lidl und M-Budget und in den Naturshampoos von Weleda, Lavera und Logona.
Immerhin: Kein einziges Shampoo enthielt den gefährlichen Konservierungsstoff Formaldehyd. Die Labors wiesen zudem weder Schwermetalle noch riskante Keime nach.
Die Hersteller schreiben, sie würden in eigenen Hauttests prüfen, ob ihre Produkte verträglich seien. Die Migros zeigt sich überrascht vom Vorkommen von Benzanthracen im M-Budget-Produkt. Man sei mit dem Lieferanten im Gespräch. Coop verspricht, das Naturaline-Produkt zu überarbeiten.
Laut Henkel sollen Shampoos von Nature Box und Schauma im Jahr 2030 nur biologisch abbaubare Rohstoffe enthalten. Lavera will das nachgewiesene Phenanthren beseitigen. Laut Weleda liegt der Phenanthrengehalt im Bereich der Konzentrationen, die in der Umwelt ohnehin vorkommen.
So testete der Gesundheitstipp
Zwei deutsche Labors prüften für den Gesundheitstipp 16 Shampoos.
- Allergene Duftstoffe: Sie können bei empfindlichen Personen Kontaktekzeme verursachen. Betroffene leiden unter geröteter oder schuppender Haut und Juckreiz. Bei längerem Kontakt mit dem Allergen sind Bläschen und offene Wunden möglich.
- PAK: Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe können die Fortpflanzung stören, Ungeborene schädigen, das Erbgut verändern oder Krebs verursachen.
- Formaldehyd: Der Konservierungsstoff kann Atemwege, Haut und Augen reizen, Allergien und Krebs auslösen.
- Schwermetalle: Die Labors analysierten die Shampoos auf Arsen, Blei, Nickel, Quecksilber, Kadmium, Antimon und Chrom.
- Keime: Die Labors prüften, ob die Produkte zu viele oder gefährliche Keime enthielten.
Problematische Stoffe: Behörden schützen Konsumenten kaum
Konsumenten sind täglich Duftstoffen ausgesetzt – etwa durch Kosmetik, Putzmittel, Weichspüler oder Raumdüfte. Laut dem europäischen wissenschaftlichen Ausschuss für Verbrauchersicherheit benutzen Hersteller über 2500 Duftstoffe zum Parfümieren solcher Produkte. Nur 26 davon müssen auf Verpackungen ersichtlich sein. Grund: Nur sie gelten offiziell als Allergene.
Die Wissenschafter identifizierten aber im Jahr 2012 «über 100 zusätzliche Einzelsubstanzen und Naturextrakte als bekannte oder wahrscheinliche Kontaktallergene». Die Forscher fordern daher, dass Behörden und Hersteller Konsumenten über das Vorhandensein von allen bekannten Duftstoffallergenen in kosmetischen Produkten aufklären. Bis heute vergeblich: Die Europäische Kommission diskutiert nach wie vor lediglich darüber, ob sie 62 zusätzliche Substanzen deklarationspflichtig machen will.