Erkältung, Grippe oder Covid-19: Bei vielen Infekten leiden Patienten an Husten. Einige Apotheken verkaufen selbstgemachten Hustensirup. Doch solche Mixturen sind nicht besser als Hustenmittel von Pharmafirmen – das zeigt die Stichprobe des Gesundheitstipp. Der Vergleich umfasste 10 Hustensirupe aus Apotheken in Basel, Bern, St. Gallen, Winterthur und Zürich sowie von Coop und Migros. Der Winterthurer Heilpflanzenexperte Martin Koradi, Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser und der Berner Arzneimittelexperte Bernhard Lauterburg beurteilten die Inhaltsstoffe. Resultat: Kein einziger Sirup ist empfehlenswert.
Besonders problematisch ist der Sirup «Solan» der Winterthurer Rathaus Apotheke. Er enthält mit Codein und Ephedrin gleich zwei umstrittene Stoffe. Codein unterdrückt den Hustenreiz. Gesund-heitstipp-Arzt Thomas Walser kritisiert: «Das ist ein starkes Mittel, das schnell schädlich wirkt, wenn man es falsch anwendet.» Beispiel: Schluckt man Codein bei Husten mit viel Schleim, riskiert man, dass sich dieser in den Bronchien staut. «Daraus kann eine Lungenentzündung entstehen», so Walser. Ausserdem macht Codein süchtig. Ephedrin erweitert die Bronchien, kann aber auch den Blutdruck erhöhen. «Für Leute mit hohem Blutdruck ist das gefährlich», sagt Walser.
Die Experten kritisierten auch denjenigen Sirup von Coop Vitality, der den Reiz untersdrückt. Er enthält den Wirkstoff Dextromethorphan. Walser: «Man riskiert Nebenwirkungen wie bei Codein.» Bernhard Lauterburg ergänzt: «Mittel mit Codein oder Dextromethorphan sollte man nur bei starken Beschwerden schlucken.» Immerhin ist belegt, dass sie wirken. Bei den meisten anderen Wirkstoffen ist das nicht der Fall. Das gilt etwa für einen weiteren Hustensirup von Coop Vitality. Er enthält Carbocistein, das Schleim lösen soll. Lauterburg: «Keine überzeugende Studie belegt den Nutzen.»
Pflanzenmittel: Oft ein wildes Gemisch
Auch Produkte mit Extrakten aus Pflanzen schnitten im Vergleich nicht besser ab. Das Problem: Oft enthalten sie ein wildes Gemisch von Extrakten. Zum Beispiel der Sirup «Bonherba» aus der Migros: Er enthält Extrakte aus insgesamt 19 Pflanzen. Solche Mischungen würden bei Husten kaum helfen, sagt Heilpflanzenfachmann Koradi. «Sie enthalten zudem viel zu geringe Mengen der einzelnen Pflanze, als dass sie etwas bewirken könnten.» Es sei nicht bekannt, wie die Pflanzen zusammenwirken. «Dazu gibt es keine Studien.»
Hinzu kommt: Einige Sirupe enthalten Pflanzenextrakte, die gegen verschiedene Arten von Husten wirken. Wirkstoffe aus Eibisch, Isländisch Moos, Malve und Spitzwegerich lindern den Hustenreiz und eignen sich bei trockenem Husten. Thymian hingegen löst den Schleim und eignet sich bei produktivem Husten. Trotzdem hats in einigen Sirupen Kräuter gegen beide Arten von Husten – etwa im Sirup der Apotheke Nature First. Koradi: «Es ist nicht sinnvoll, Heilpflanzen zu mischen, die gegen verschiedene Hustenarten wirken.»
Fazit: Hustensirup aus der Apotheke kann man sich sparen. Das Wichtigste bei Husten ist Geduld. «Ein Erkältungshusten dauert rund drei Wochen», sagt Thomas Walser.
Studien deuten darauf hin, dass Honig den Hustenreiz lindert (Gesundheitstipp 4/2020). Koradi rät, mehrmals täglich einen Teelöffel im Mund zergehen zu lassen. Ein gutes Hausmittel ist auch Lindenblütentee: Koradi empfiehlt, ihn so lange ziehen zu lassen, bis er schleimig wird. Auch homöopathische Mittel helfen, zum Beispiel Apis oder Nux vomica (siehe Merkblatt).
Nature First schreibt, ihr Präparat stille den Hustenreiz nicht im Gehirn, sondern an der gereizten Schleimhaut. Die Migros sagt, «Bonherba» helfe während aller Phasen einer Erkältung. Gemäss der Rathaus Apotheke Winterthur eignet sich «Solan» für Husten, bei dem Schleimbildung und Reizhusten zusammen auftreten. Die Berner Apotheke Dr. Noyer schreibt, die Dosis der reizstillenden Stoffe sei so angepasst, dass man gelösten Schleim abhusten kann.
Gratis-Merkblatt: «Homöopathie bei Erkältungen und Grippe»
Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder zu bestellen bei: Gesundheitstipp, «Homöopathie», Postfach, 8024 Zürich.