Vor einem Jahr liess sich Anna Grünenwald im Spital Schiers GR mit der Magnetresonanz-Tomografie (MRI) untersuchen. Ärzte prüften, ob die 68-Jährige Tumoren in den Nieren habe. Schweizer Spitäler führen solche Untersuche immer häufiger durch: In den letzten zehn Jahren stieg die Anzahl von 490000 auf fast 700000, wie Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen. Ärzte spritzen den Patienten vor der Untersuchung oft ein Kontrastmittel, damit sie verändertes Gewebe in den Organen auf den MRI-Bildern besser sehen können. Diese Mittel enthalten chemische Verbindungen mit dem giftigen Schwermetall Gadolinium. Anna Grünenwald wusste das. Deshalb sagte sie den Ärzten, dass sie kein Kontrastmittel wolle.
«Ärzte müssen über Risiken informieren»
Fachleute bestätigen: Kontrastmittel können der Gesundheit schaden. Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte warnte im Juni, bei Patienten mit Nierenproblemen könnten sie in seltenen Fällen dazu führen, dass sich das Bindegewebe der Haut, der Gelenke und der inneren Organe krankhaft vermehre. Dies könne zu schweren Behinderungen oder gar zum Tod führen. Die Arzneimittelbehörde Swissmedic erhielt in den letzten zehn Jahren rund 350 Meldungen von Nebenwirkungen nach MRI mit Kontrastmitteln. Laut dem deutschen Radiologen Gerd Reuther müssen Ärzte gegenüber Patienten begründen, warum sie Kontrastmittel verwenden wollen, und über die Risiken informieren. «Wer sich damit unwohl fühlt, sollte dazu kein Einverständnis geben.» Die Mittel seien nur bei wenigen Untersuchungen unverzichtbar (siehe Kasten).
Bei Anna Grünenwald lenkte das Spital Schiers ein: Die Ärzte machten MRI-Untersuche ohne Kontrastmittel. Gerd Reuther bestätigt: «Bei Verdacht auf Tumoren an den Nieren sind Kontrastmittel unnötig.» Anna Grünenwald atmete schliesslich auf: «Weitere Untersuche mit Ultraschall und Urintests zeigten, dass ich gesund bin.»
Die Firma Guerbet, Herstellerin des Kontrastmittels Dotarem, sagt, sie arbeite an neuen Mitteln mit einer geringeren Gadoliniumdosis. Die meisten Fälle mit Nebenwirkungen seien auf Mittel zurückzuführen, die nicht mehr zugelassen seien. Bayer, Herstellerin von Gadovist und Primovist, räumt ein, bei Patienten mit Nierenproblemen könne das Kontrastmittel Beschwerden auslösen, nicht aber bei Patienten mit gesunder Niere.
Das Spital Schiers sagt, bei Anna Grünenwald wäre ein Kontrastmittel «zwingend nötig» gewesen. Wegen der unvollständigen Untersuchung habe das Spital der Patientin eine Verlaufskontrolle empfohlen.
Kontrastmittel meist nicht nötig
- Bei einem MRI-Untersuch des Gehirns (Schlaganfall, Demenz und Gehirnentzündungen) sind Kontrastmittel nicht nötig.
- Auch Untersuchungen der Muskeln, Knochen und des Lymphsystems kommen ohne Kontrastmittel aus.
- Bei einem MRI des Brustkorbs und des Bauchs bringen Kontrastmittel nur einen geringen Vorteil.
- Nur bei Untersuchungen des Blutkreislaufs und der Brust sind Kontrastmittel notwendig.
Quelle: Günter Layer, Klinikum Ludwigshafen (D), in «Der Radiologe»