Eine starke Erkältung machte Elsi Schär im Januar zu schaffen. «Ich schlief schlecht – wegen dem Husten», sagt die 82-Jährige aus Langrickenbach TG. Sie vermutet, dass sie sich erkältete, als sie beim stürmischen Wetter mit ihrem Hund spazieren ging. In solchen Fällen schwört Elsi Schär auf Pflanzenmedizin: Sie trinkt selbst gemachten Holunderlikör. Die Beeren sammelt sie im Wald und legt sie in Tresterschnaps ein. Zudem schluckt sie Kapseln mit Thymian und Oregano. «Das hilft, den Schleim im Hals zu lösen», sagt Schär.
Das Brauen von Holunderlikör ist nicht jedermanns Sache. Apotheken verkaufen verschiedene Mittel mit chemischen oder pflanzlichen Wirkstoffen gegen Husten. Die einen sollen den Hustenreiz bei trockenem Reizhusten dämpfen. Andere Mittel sollen bei entzündeten Atemwegen helfen, den vielen Schleim zu verflüssigen und abzuhusten.
Fachleute finden jedoch: Solche Medikamente braucht es nur selten. Gesundheitstipp-Ärztin Stephanie Wolff aus Oberglatt ZH sagt: «Man sollte den Husten nicht als Feind betrachten.» Er helfe, die Atemwege von Schleim zu befreien. Medikamente könnten schädlich sein: «Wenn der Husten Schleim nach oben befördert, sollte man ihn nicht hemmen.»
Dazu kommt: Für den Nutzen der meisten Medikamente gibt es keine soliden Beweise (siehe Tabelle). Pharmakologe Bernhard Lauterburg: «Alle Hustenmittel haben einen starken Placebo-Effekt.» Das heisst: Sie helfen oft nicht besser als normaler Sirup. «Nur kosten sie mehr – und das Risiko von Nebenwirkungen ist grösser», sagt Lauterburg.
Studien haben belegt: Bei Hustenreiz sind nur die Wirkstoffe Codein und Dextromethorphan besser als ein Placebo. Doch sie haben happige Nebenwirkungen. Seit letztem Herbst ist Codein für Kinder unter 12 Jahren nicht mehr zugelassen. Der Grund: Atemprobleme und Todesfälle (Gesundheitstipp 5/2015). Bernhard Lauterburg sagt: «Man sollte diese Mittel nur bei starken Beschwerden wie Schlafproblemen oder Schmerzen nehmen.» Die Wirkung sei unberechenbar: «Einige sprechen zu wenig darauf an, bei anderen führen sie zu Benommenheit.» Sie können zudem abhängig machen. Lauterburgs Fazit: «Es lohnt sich nicht, bei einem kleinen Grippehusten diese Risiken in Kauf zu nehmen.»
Chemische Schleimlöser: Wirkung ist nicht belegt
Bei den chemischen Schleimlösern sieht die Bilanz noch schlechter aus. Es gibt keine Studien, die beweisen, dass Mittel mit den Wirkstoffen Acetylcystein oder Ambroxol helfen, den Schleim schneller aus dem Rachen zu befördern. «Das ist Wunschdenken», sagt Lauterburg. Die Stoffe hätten nur in Laborversuchen die erhoffte Wirkung gezeigt, nie bei Menschen.
Auch Mittel aus Pflanzen stehen im Ruf, Hustensymptome zu lindern. Der Heilpflanzen-Experte Martin Koradi aus Winterthur ZH sagt: «Efeublätter und Thymiankraut lösen Schleim. Man setzt sie deshalb vorzugsweise bei schleimigem Husten ein, weniger bei trockenem Husten.» Doch die Fachzeitschrift «Arznei-Telegramm» schrieb vor zwei Jahren, es sei nicht genügend belegt, dass die Heilpflanzen wirken.
In den Wintermonaten rühren Apotheken die Werbetrommel für Umckaloabo. Es enthält Auszüge aus afrikanischen Pelargonienwurzeln und soll bei Bronchitis und Schnupfen helfen. Die Website «Medizin-Transparent» hält dazu fest: Laborversuche würden zwar «vielversprechend» klingen, könnten jedoch die Wirkung nicht beweisen. Auch ein homöopathischer Hustensirup ist auf dem Markt: Stodal. Er enthält eine stark verdünnte Mischung von neun verschiedenen Heilpflanzen. Bei diesem Mittel fehlen wissenschaftliche Beweise für den Nutzen ebenfalls.
In der Regel genügen Hausmittel, um Beschwerden zu lindern. Hausärztin Wolff empfiehlt, viel zu trinken: «Das verflüssigt den Schleim im Hals.» Warmer Tee mit Thymian, Eibisch oder Spitzwegerich sei am besten. Auch das Inhalieren mit heissem Wasser helfe. Studien mit Kindern haben zudem gezeigt, dass Honig den Husten lindern kann. Wolff rät, den Honig in Thymiantee zu geben. Honigmilch sei nicht ratsam: «Milch verschleimt den Hals.»
Die Hersteller BGP Products, Gebro, Vifor, Spirig Healthcare und Novartis schreiben, die Heilmittelbehörde Swissmedic hätte ihre Hustenmittel mit den Wirkstoffen Codein, Dextromethorphan und Acetylcystein als wirksam beurteilt. Gleich argumentiert Schwabe bei Umckaloabo. Die Firma Ibsa sagt, Studien hätten nachgewiesen, dass Solmucalm und Solmucol wirke. GSL Consumer Healthcare schreibt, Neocitran habe sich seit mehr als 50 Jahren bewährt.
Max Zeller Söhne gibt an, eine neue Studie habe die Wirksamkeit ihres Efeu-Extrakts bewiesen. Allerdings wurde die Studie vom Hersteller bezahlt. Biomed sagt, die deutsche Gesellschaft für Pneumologie habe Bronchipret als einziges pflanzliches Mittel in einer Leitlinie empfohlen. Der Nutzen sei belegt. Hersteller Boiron schreibt, die Mehrheit der Patienten sei zufrieden mit dem Hustensirup Stodal.