Bei Sylvia Moine (62) aus Chur kamen die Beschwerden nach den Wechseljahren: Ihre Finger fühlten sich steif an und begannen zu schmerzen. Sie sagt: «Wenn ich im Garten jäte, tun die Finger am nächsten Tag weh.» Vor allem das äusserste Gelenk der beiden Mittel- und Zeigefinger ist betroffen. Die Knorpelschicht ist dort abgenützt. Die Gelenke entzünden sich oft und schwellen an.
Sylvia Moine ist kein Einzelfall. Arthrose in den Fingern ist im Alter weit verbreitet. Vor allem Frauen nach den Wechseljahren sind betroffen. Dann produziert der Körper weniger vom Hormon Östrogen. Das macht die Knorpel härter und anfälliger für Schäden. Der Körper neigt ausserdem eher zu Entzündungen und man spürt Schmerzen stärker. Auch wer im Sport oder im Beruf die Gelenke stark belastet oder sich verletzt, erkrankt eher.
Chemische Mittel mit Nachteilen
Schmerztabletten sind zwar eine rasche und unkomplizierte Therapie und ihr Nutzen ist gut belegt. Doch es gibt auch Risiken. Der Zürcher Rheumaarzt Christoph Reich sagt: «Wenn man sie über längere Zeit einnimmt, können sie Magenprobleme und Leberschäden auslösen.» Schmerzsalben wie Voltaren wirken zwar gezielt im Gelenk. Auch sie sollte man aber nicht zu lange benutzen, weil sie auf Dauer die Leber schädigen können. Einige Ärzte verschreiben ihren Patienten in akuten Schmerzphasen Kortisonspritzen, um die Entzündung zu bekämpfen. Doch der Stoff hat grosse Nachteile: Wenn man ihn oft spritzt, baut sich der Knorpel noch schneller ab. Christoph Reich empfiehlt Spritzen nur in Ausnahmefällen – etwa, wenn das Daumensattelgelenk stark entzündet ist.
Fingergymnastik stabilisiert die Gelenke
Christoph Reich sagt, das Wichtigste bei der Behandlung der Fingergelenkarthrose sei Bewegung (siehe Tabelle im PDF). Er rät zu regelmässiger Fingergymnastik: «So bildet sich Gelenkschmiere, die den Knorpel mit Nährstoffen versorgt.» Ausserdem kräftigt das Training die Muskeln und stabilisiert das Gelenk.
Die Zürcher Ergotherapeutin Barbara Aegler behandelt Arthrosepatienten. Sie empfiehlt, Übungen in den Alltag zu integrieren: «Es hilft bereits, wenn man beim Abwaschen einen Schwamm im warmen Wasser ausdrückt.» Gegenstände solle man im Alltag mit den Händen fest umschliessen. Auch das Aufklauben von Münz trainiert die feinen Fingermuskeln und bewegt die Gelenke.
Einen ähnlichen Effekt haben Therapiebälle, die man in Orthopädiegeschäften kaufen kann. Arthrosepatientin Ursula Leuthold (84) aus Hinwil ZH sagt: «Ich knete jeweils einen kleinen, mit Sägemehl gefüllten Ball, wenn ich fernsehe – so halte ich die Finger beweglich.» Barbara Aegler rät, möglichst viele verschiedene Übungen zu machen.
Warmes Linsenbad hilft gegen Schmerzen
Eine kleine norwegische Studie mit 80 Rheumpatienten deutet darauf hin, dass Fingerübungen bei Arthrose nützen: Die Patienten, welche die Finger täglich mit einem Noppenball oder einem Gummiband trainierten, bewältigten den Alltag besser. Sie hatten nach drei Monaten mehr Kraft in den Händen und weniger starke Schmerzen.
Auch Wärme hilft. Der Tipp von Rheumaarzt Christoph Reich: Eine Packung trockene Linsen in eine Schüssel geben und erwärmen, bis sie sich angenehm warm anfühlen. Dann wühlt man mit den Händen einige Minuten lang
locker in den warmen Linsen. Das sorgt dafür, dass sich die Muskeln entspannen, und wirkt gegen die Schmerzen.
Sylvia Moine hilft ein ähnliches Mittel: Sie hat ein Stoffsäckchen mit Dinkelkörnern gefüllt, ein anderes mit Badesalz. Sie wärmt die Säckchen im Ofen auf und knetet sie dann sanft durch. Moine sagt: «Die Wärme tut meinen Gelenken gut und dämpft die Schmerzen.»
Bei geschwollenen Fingern kann Kälte helfen. Sylvia Moine benutzt dann kaltes Mineralwasser: «Ich bade die Finger etwa zehn Minuten darin.» Im Jahr 2003 zeigten kanadische Forscher, dass Kälte gegen Schwellungen hilft und Gelenke beweglicher macht.
Auch Extrakte aus Pflanzen können Arthroseschmerzen lindern. Ihr Nutzen ist zwar nicht so gut belegt wie bei chemischen Mitteln. Aber es gibt weniger Nebenwirkungen. Der Heilpflanzenexperte Martin Koradi aus Winterthur ZH rät zu Salben mit Arnika. Auch Kapseln mit Teufelskralle oder Weihrauch könnten helfen – allerdings sei ihre Wirkung schwächer als bei den chemischen Schmerzmitteln, sagt Christoph Reich.
Bei Arthrose am Daumengelenk hilft oft eine spezielle Schiene. Sie stabilisiert das Grundgelenk und zieht es sanft auseinander, damit sich die Knorpel nicht aneinander reiben.
Gelenke im Alltag vor Kälte schützen
Im Alltag sollte man die Gelenke vor Kälte schützen. Christoph Reich rät zudem, die Finger nicht stark und lange zu belasten: «Arbeiten im Garten sollte man auf mehrere Tage verteilen.»
In den letzten Jahren mehrten sich Hinweise, dass Knorpelsubstanzen helfen, den Knorpel zu erhalten und Schmerzen zu lindern. Produkte mit den Wirkstoffen Chondroitin und Glucosamin sollen diesen Effekt haben. Allerdings dauert es einige Wochen, bis die Mittel wirken.
Der Hersteller des Kortisonpräparats Fortecortin Inject schreibt, bei einer kurzen Therapie sei das Risiko von Nebenwirkungen gering. Die Hersteller der Schmerzmittel Arcoxia, Irfen Dolo und Voltaren sagen, dass man die Tabletten in der niedrigsten Dosis und so kurz wie möglich nehmen solle.
Glaxo-Smith-Kline teilt mit, bei Voltaren Dolo Emulgel gelange viel weniger Wirkstoff ins Blut als bei Voltaren-Tabletten. Melisana sagt, Dolocyl-Creme schädige die Leber nicht, da der Wirkstoff Ibuprofen nicht ins Blut gelange. Laut den Produzenten wirken die Chondroitin-Präparate erst nach einigen Monaten voll. Patienten würden sie gut vertragen.
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